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Sieger heißt Schleinzer

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Nach der faktischen Installierung eines Triumvirates nach dem letzten ÖVP-Parteitag im Juni 1971 galt das Augenmerk der politischen Auguren nun vor allem der Frage, wer aus dem schwarzen Dreigestirn Schleinzer-Kohl-maier-Koren denn nun als Sieger hervorgehen werde. Der Parteitag stand im Zeichen eines Mannes: Karl Schleinzer, der seine Führungsrolle — wohlapplaudiert von den Delegierten — in Anspruch nahm und drastisch unter Beweis stellte. Professor Koren scheint sich auf seinen unmittelbaren Kompetenzbereich zurückgezogen zu haben. Bis auf weiteres also: kein Konflikt in der „Firma“ Volkspartei?

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Nach der faktischen Installierung eines Triumvirates nach dem letzten ÖVP-Parteitag im Juni 1971 galt das Augenmerk der politischen Auguren nun vor allem der Frage, wer aus dem schwarzen Dreigestirn Schleinzer-Kohl-maier-Koren denn nun als Sieger hervorgehen werde. Der Parteitag stand im Zeichen eines Mannes: Karl Schleinzer, der seine Führungsrolle — wohlapplaudiert von den Delegierten — in Anspruch nahm und drastisch unter Beweis stellte. Professor Koren scheint sich auf seinen unmittelbaren Kompetenzbereich zurückgezogen zu haben. Bis auf weiteres also: kein Konflikt in der „Firma“ Volkspartei?

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Auf den ersten Blick fällt allerdings auf, daß sich die Parteitagsreden von Schleinzer und Koren in einer Aussage unterschieden: Parteiobmann Dr. Schleinzer streckte die Hand in Richtung Freiheitliche aus, zum Oppositionsbund gegen die Regierung.

Klubobmann Professor Koren erwähnte in seinem Referat die FPÖ mit keinem Wort, er. stellte seine Fraktion als „die“ Opposition dar. Scharfe Worte fanden beide ÖVP-Spttzenpolitiker . für die Regierung. Schleinzer warf ihr „Konzeptlosigkeit, Planlosigkeit, Dilettantismus“ vor, Koren sprach von „Überheblichkeit und Selbstgefälligkeit“.

Die Ausführungen Korenis im Detail erfaßten vor allem Fragen der Wirtschaftspolitik, an Hand derer er die Hilflosigkeit der Regierung aufzeigen wollte. Ferner die Themen Humanisierung des Lebens, BUdung und Weiterentwicklung der Demokratie, die er als Hauptbereiche der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner charakterisierte. Nichts hingegen sagte der Klubobmann etwa über die Situation im Bundesheer, eine Frage, die wieder in der Rede Schleinzers einen relativ breiten Raum einnahm, wobei der Parteiobmann nicht mit Kritik an Verteidigungsminister Lütgendorf sparte — eine Vorwegnahme der ÖVP-Debattenbeiträge im Nationalratsplenum zum Budgetkapitel Landesverteidigung. „Es gibt weder Pläne noch Konzepte, es gibt nur Improvisationen und ein in seinen Folgen noch gar nicht abzusehendes Bundesheerdeba-kel“, sagte Schleinzer, früher selbst Verteidigungsminister.

Viele Parteitagszaungäste hatten geglaubt, in den Erklärungen Schleinzers und Korens Differenzen finden zu können, die ihnen die Bestätigung der „Zwei-Firmen-Theorie“, also des Nebeneinander von Parteiführung und Parlamentsklub geben könnten. Doch nichts davon war am Parteitag zu vermerken. Auch die Feststellungen Schleinzers zum Verhältnis zu den Freiheitlichen konnten deren Klubobmann nicht überraschen, gibt es doch schon seit einiger Zeit auch auf der Ebene der

Fraktionschefs eine schwarzblaue Gesprächsbasis.

Lediglich die Verhandlungen um die Neubesetzung des Postens eines Pressereferenten für Koren — die Parteispitze in der Wiener Kärntnerstraße hätte gern einen „Mann ihres Vertrauens“ in dieser Funktion gesehen — lassen darauf schließen, daß die Differenzen zwischen Parteiführung und Parlamentsklub (oder Schleinzer und Koren) wenigstens hinter den Kulissen noch nicht ganz aus dem Weg geräumt sein dürften.

Dazu kommt, daß man in der Umgebung Schleinzers auf die teilweise sehr guten Pressekontakte Korens eifersüchtig Ist — und daß sowohl Schleinzer wie insbesondere Kohlmai er im Presseecho des Parteitages zum Teil schlechte Resonanz fanden. Die „Kleine Zeitung“ kanzelte den Generalsekretär ab und just der frühere Pressereferent Schleinzers im Landwirts cbaftsministe-riium, der jeteige ORF-Redakteur Hans Strobl, sprach von einer „Vergletscherung“ der ÖVP, die die „Eisigkeit“ Schleinzers verursache. Gegen Strobl richten sich nun die Oppositionspfeile: Man will dem ORF nahelegen, Strobl nicht mehr als ÖVP-Berichtenstat-ter einzusetzen...

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