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Statthalter wird Lehensherr
Ein Statthalter wurde zum Lehensherrn — der 11. außerordentliche Parteitag der Kärntner ÖVP wählte Landesrat Herbert Bacher zum neuen Landesparteiobmann. Zuvor war der bisherige Obmann und Exlandwirt-schaftsminister Dr. Karl Schleinzer zurückgetreten. Er hat durch seine Wahl zum Generalsekretär der ÖVP neue politische Höhen erklommen, die ihn auf die Kärntner Parteihausmacht verzichten lassen können. Damit kam es in der Kärntner Volkspartei zu einer Wachablöse, die von gewissen Parteigruppen, die Exlandeshauptmannstellvertreter Thomas Truppe, der bekanntlich im Zuge des „Bauskandals“ gegangen wurde, noch immer nicht ganz vergessen hat, schon mehrmals mit schüchternen Versuchen angestrebt wurde. Schleinzer, der nie zu den intimsten Freunden Truppes gehört haben soll, wußte diese Angriffe immer im Keim zu ersticken und wurde erst im vergangenen Jahr mit eindeutiger Mehrheit als Parteiobmann bestätigt. Ob er diese Funktion ebenso erfolgreich führte wie sein Landwirtschaftsministerium, darüber ist man in Kärnten geteilter Meinung. Man hält Schleinzer hinter vorgehaltener Hand vor, daß er sich zuwenig um seine Landesparteiorganisation gekümmert habe, in der Landesrat Bacher seit sechs Jahren als geschäftsführender Obmann agierte. Bacher wiederum zählt zu den treue-sten Gefolgsleuten Schleinzers, weshalb er als erklärter Kronprinz galt. Auch versäumte er es nie, bei Schleinzer in Wien rückzufragen, wenn es galt, Entscheidungen zu treffen.
Zwar hatte man es — zum UnterBacher, der sich während seiner „Ge-schäftsführer“-Tätigkeit eine gewisse Autorität zu erwerben wußte und stets nach dem Grundsatz handelte, daß man sich jemanden, der unangenehm werden könnte, rechtzeitig zum Freund zu machen hat, suchte man vergeblich. Die wenigen Kärntner ÖVP-Politiker, die das nötige Profil für die Obmannstelle besitzen würden, ließen nie ernstliches Interesse an der Kandidatur erkennen. So wurde Bachers Wahl seit langer Zeit vorhergesagt, obwohl der neue Parteiobmann aus dem Bauernbund — dessen Landesobmann er ist — kommt, was nicht in der Gesamheit der Parteimitgliedern, daß die SPÖ unter dem mehr als farblosen Landeshauptmann Sima die absolute Mehrheit erreichte. Die unterschiedlichen Prognosen, ob es Bacher gelingen wird, einen eigenen — und bei den Wählern erfolgreicheren — Stil als sein Vorgänger zu kreieren, halten sich etwa die Waage. Bacher hat mit Schleinzer vieles gemeinsam, etwa die Fähigkeit— wenn er beabsichtigt, nichts mitzuteilen — auf noch so konkret gestellte Fragen mit schönen Formulierungen nichts zu sagen. Er wird es deshalb erst beweisen müssen, daß er als Parteiobmann kein zweiter Schleinzer, sondern ein erster Bacher ist. L. H.
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