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Der Ministerkauf

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Wir sind in der Lage, von einem bisher strengstens geheimgehaltenen Gespräch zwischen den Chefs der beiden österreichischen Großpar-teien zu berichten, zu dessen Schauplatz aus konspirativen Gründen die Backstube der Konditorei Demel ausersehen worden war. Schleinzer hatte sich als Rauchfangkehrer, Kreisky als Koch verkleidet.

Schleinzer: „Herr Bundeskanzler, hat Sie auch sicher niemand gesehen?“

Kreisky: „Gesehen haben mich alle, aber erkannt hat mich keiner. Was haben Sie mir vorzuschlagen?“

Schleinzer: „Ich möchte Ihnen den Gratz und den Androsch abkaufen. Am liebsten natürlich beide.“

Kreisky: „Wozu?“

Schleinzer: „Schaun S', der Parteitag hat mir gezeigt, daß ich frisches Blut in meinem Team benötige, während Sie die beiden doch wirklich schon etwas abgebraucht haben. Ich stelle mir halt vor, ein solches Geschäft könnte uns beiden nützen. Auch als Second-Hand-Po-litiker würden sich der Androsch und der Gratz in meiner Partei ganz gut ausnehmen — und Sie haben dafür die Möglichkeit, zwei neue Boys aufzubauen. Oder braucht Ihr keine Verjüngung?“

Kreisky: „Warum bauen. Sie sich nicht selber neue Leute auf?“

Schleinzer: „Um Gottes willen! Bei uns wimmelt es doch nur so von jungen Krokodilen, die mich sofort auffressen, wenn ich sie ein bisserl wachsen lasse. Aber wenn der Androsch und der Gratz Sie noch nicht aufgefressen haben, dann werden sie vielleicht auch mich leben lassen, was meinen Sie?“

Kreisky: „Ich bin da nicht so sioher. Außerdem brauche ich die zwei noch Ich biete Ihnen ein standfestes, außerordentlich haltbares Modell an. Den Sdma.

Schleinzer: „Den? Nein, danke, damit würde ich Ihnen einen zu großen Gefallen erweisen!“

Kreisky: „Dann will ich meine Großzügigkeit steigern — ich überwinde mich selbst und biete Ihnen Benya an.“

Schleinzer (stampft trotzig mit dem Fuß): „Nein, ich will den Androsch und den Gratz. Warum soll die ÖVP keinen Sonnyboy haben? Sie sind geizig, Herr Bundeskanzler!“

Kreisky: „Wenn Sie den Benya nehmen, kriegen Sie als Zugabe noch den Lütgendorf!“

Schleinzer: „Hilfe!“

Kreisky: „Sie haben zu wenig Damen in Ihrer Biege! Die Frau Firnberg brauche ich selbst noch, aber die Frau Leodolter könnte ich Ihnen relativ günstig überlassen.“

Schleinzer: „Was heißt da relativ?'“

Kreisky: „Sie müssen den Slavik dazunehmen.“

Schleinzer: „Das habe ich mir gedacht. Nein, Herr Bundeskanzler, das ist alles nix, ein Sonnyboy muß es sein! Ein Sonnyboy!“

Kreisky: „Den Blecha kann ich auch nicht abgeben.“

Schleinzer: „Schauen Sie, Sie haben den Androsch und den Gratz — einen können Sie doch entbehren!“

Kreisky: „Nein, einer allein würde mir mehr Probleme machen als beide. Und beide kann ich nicht hergeben. Übrigens — rein theoretisch: Welchen Kaufpreis haben Sie sich vorgestellt?“

Schleinzer: „Ich habe mir gedacht, ich bringe die beiden als Einlage der ÖVP in eine neue große Koalition ein. Damit Sie bei uns gleich Gesprächspartner finden, mit denen Sie gut auskommen können.“

Kreisky: „Müssen die beiden Herren — falls ich sie Ihnen überlasse — eigentlich ihre Parteimitgliedschaft wechseln?“

Schleinzer: „Das wäre allerdings nicht zu vermeiden.“

Kreisky: „Schade. Anderenfalls wäre ich dem Gedanken an eine Koalition mit Androsch und Gratz als von Ihnen zu nominierenden Ministem sogar nähergetreten ...“ bleibt der Wagen Zentimeter vor dem sicheren Tod stehen ...

Kindersendungen im Fernsehen sind Rohmaterial für das Weltbild von Kindern, das dann dementsprechend aussieht: Das Leben, vor allem das Leben, wo es interessant ist, besteht aus einer Kette haarsträubender Abenteuer und Zwischenfälle, die einander nur so jagen, bei denen sich aber alles genau ausgeht.

Monatelang wurden die österreichischen Kinder mit den Rassismen einer Filmserie vollgestopft, die hinter einer Fassade von angeblicher Tierfreundschaft verbarg, daß die Andersrassigen immer die Bösewichte waren. Schauplatz war eine „wissenschaftliche Station“. Aber worin bestand eigentlich die wissenschaftliche Arbeit dieser Station? Das ging die Kinder wohl nichts an. Jetzt steht seit Monaten „Skippy“ auf dem Programm, das kluge Känguruh, das den Bewohnern auch irgend so einer (wissenschaftlichen?) Station Freude macht, aber wozu ist diese Station da? Das geht die Kinder nichts an.

Denn das Leben besteht, wie gesagt, aus einer Aneinanderreihung von Abenteuern, bei denen nie wirklich etwas passiert. Bis in alle Ewigkeit. Wie es die Drehbuchautoren wollen. Respektive die Herren, die die Drehbücher bestellen.

Warum müssen Abenteuerfilme für Kinder so grenzenlos dumm und lebensfern sein, warum müssen sie ein so falsches, verbogenes, darum gefährliches Bild der Wirklichkeit zeichnen? Oder anders gefragt: Warum wird bei der Produktion solcher Filme so sehr mit dem Hirnschmalz gespart?

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