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Tanz ums goldene Expo-Kalb

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ÖVP-KIubobmann Heinrich Neisser entwarf vergangenen Freitag im Budapester Hotel Beke das faszinierende Bild einer wahrhaft europäischen Weltausstellung. Sie wäre - würde sie stattfinden - gewiß ein Jahrhundertereignis; in einem Land allerdings, in dem die vom Kommunismus gezüchtete Korruption auch wirksam kontrolliert werden könnte.

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ÖVP-KIubobmann Heinrich Neisser entwarf vergangenen Freitag im Budapester Hotel Beke das faszinierende Bild einer wahrhaft europäischen Weltausstellung. Sie wäre - würde sie stattfinden - gewiß ein Jahrhundertereignis; in einem Land allerdings, in dem die vom Kommunismus gezüchtete Korruption auch wirksam kontrolliert werden könnte.

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Nichts ist den Veranstaltern der für 1996geplanten Weltausstellung in Budapest und ihren Gönnern aus Politik und Wirtschaft fremder als der Gedanke, eventuell auch einmal in Budapest ein Referendum zur Expo durchzuführen. Niemand habe, so heißt es, Interesse daran.

Das trifft auch insofern zu, als nicht einmal die Bürger der vom Projekt unmittelbar betroffenen Budapester Bezirke in der Lage sind, sich auch nur annähernd ein Bild darüber zu machen, was in puncto Expo nun wirklich im Gange ist. Die Lust, sich damit zu befassen, dürfte ihnen angesichts des „erbärmlichen Theaters", das mit der ganzen Weltausstellung von Anfang an betrieben wurde, auch gründlich vergangen sein.

So verkündete der von den Liberalen gestellte Budapester Oberbürgermeister sein immerwährendes Nein zur Expo. Warum sich dieses endgültige Nein dann über Nacht in ein genauso glühendes Ja verwandelte, will heute niemand mehr wissen.

Das Wort haben schon längst die Fachmänner, die„Herren aus der Wirtschaft". Daß es dabei trotz der enthusiastischen Zwischenerklärungen doch nicht so reibungslos zugehen dürfte, wird aus Äußerungen der Mitglieder der um das goldene Kalb Expo in der zweiten oder dritten Reihe tanzenden Mannschaften ersichtlich. So glaubt der die Regierung im Expo-Rat vertretende Staatssekretär des Verkehrsministeriums fest daran, mit der Planung noch nicht in Verzug geraten zu sein.

Neben der Autobahnstrecke Györ-Bruck/Leitha wäre freilich auch der Ausbau eines zusätzlichen Flughafens inmitten der Pußta - mehr als 80 Kilometer von Budapest entfernt - notwendig. Für den Bau einer vierten, für das Expo-Projekt unverzichtbaren U-Bahnstrecke - geschätzte Arbeitsdauer: fünf Jahre - sind erst die Skizzen fertig. In Budapest, wo nach dem technischen Direktor der Firma „Hungexpo" elf bis 20 Millionen Menschen erwartet werden, sind gegenwärtig insgesamt zwei Krankenhäuser in der Lage, Patienten nach westlichem Standard zu behandeln.

Der vorgesehen Expo-Schauplatz mit den zwei dazu kaum passenden Universitätsgebäuden umfaßt 36 Hektar - das dafür weitaus besser geeignete Budapester Messegelände umfaßt 38 Hektar. Niemand vermag heute zu sagen, was hinter den Kulissen wirklich geschieht.

Am sorgfältigsten wird freilich das Geheimnis der Finanzierung gehütet. Der Versuch, mit einem Hurra-Optimismus ohnegleichen Luftschlösser zu bauen, dürfte nur die eine, finanziell wohl nicht ganz zu verachtende Seite des ganzen Unternehmens Expovorbereitung sein.

Einige Stadtabgeordnete meinen -freilich inoffiziell - schon jetzt vielsagend: Wenn es überhaupt nicht gehen soll, wird man noch immer Nein sagen können. Doch solange wird an den Vorbereitungen auch verdient.

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