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Niemand weiß, wann die Verantwortlichen Panik erfaßt

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Kommenden Montag wird Staatssekretärin Etelka Barsi-Pataky aus Budapest über den Stand der Expo-Vorbereitungen berichten. Ungarn will „mit der Expo ins neue Europa”.

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Kommenden Montag wird Staatssekretärin Etelka Barsi-Pataky aus Budapest über den Stand der Expo-Vorbereitungen berichten. Ungarn will „mit der Expo ins neue Europa”.

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Was nicht gehen will, soll man auch nicht forcieren. Die seinerzeit auch von treuen Parteigenossen Lenin angedichtete Weisheit wird langsam für die in Budapest 1996 geplante Weltausstellung gültig.

Führungskräfte des für Planung und Ausführung zuständigen staatlichen Programmbüros und des Budapester Stadtrates sind immer häufiger unerreichbar und wenn, treten nicht sie selbst auf, sondern lassen Fachmänner vor die Öffentlichkeit treten, die die Aufgabe haben, die „zweifelsohne vorhandenen Schwierigkeiten” mit optimistischem Realitätssinn zu schildern. Grundton: kein Grund zur Panik.

Wozu auch. „Versäumnisse, die beim Stadtrat vorgekommen sein dürften”, seien vollends belanglos angesichts der Tatsache, daß die für dieses Jahr vorgesehene Finanzierung des Projektes noch gar nicht angefangen hat.

Das Rathaus hätte bereits im ersten Quartal 13,5 Milliarden Forint für Vorbereitungsarbeiten erhalten sollen; der Betrag wurde bis August auf 4,4 Milliarden beschnitten und die Überweisung läßt noch immer auf sich warten. Den Grund für die „bedauerliche Verzögerung” hat man immerhin schon gefunden: über die insgesamt 17 Milliarden Forint „Vorbereitungsfinanzierung”, die das Gesetz auf Grundlage der 1990 geltenden Preislage vorsieht, ist nämlich überhaupt keine Vereinbarung zwischen den zuständigen Stellen getroffen worden.

Geringes Engagement

Ist die ganze Geschichte tatsächlich ernst gemeint? Man tut jedenfalls so. So wird zum Beispiel heftig über die Art der Finanzierung gestritten: das Programmbüro wünscht erst die Bühne zu betreten, wenn die Stadt Budapest die dafür vorgesehenen eigenen Mittel erschöpft haben wird, deren Höhe niemand kennt. Außerdem wird ständig mit dem Finger aufeinander gezeigt. Das staatliche Programmbüro will der Stadt vorerst keinen Kreuzer aus dem Weltausstellungsfonds für infrastrukturelle Investitionen der Expo überweisen. Begründung: es seien noch keine Pläne eingereicht worden. Die andere Seite meint dazu, ohne Geld könnten nicht einmal Pläne ansjofefertiot werden: die

Stadt sei aber nicht in der Lage, Beträge in dieser Höhe vorzuschießen.

Die Entwicklung und Anpassung des Massenverkehrs, der Ausbau von Parkplätzen, Ambulanzstationen, Trinkanlagen und so weiter bleibt also links liegen. Wie man ohne sie eine Weltausstellung machen will, weiß niemand.

Ja, es steht nicht einmal noch fest, ob die ganze Expo auf einem einzigen Gelände südlich von Budapest entstehen soll oder ob es „zu einer proportionierten Teilung der Aufgaben” kommt. Zu deutsch: ein Teil des Ganzen soll fast zehn Kilometer weiter auf einem seit Jahren kläglich abgewirtschafteten Messegelände aufgebaut werden.

Doch so oder so, aus der zu Ehren der Expo geplanten dritten U-Bahn-linie wird nichts; nicht einmal ihre Planung könne bis 1996 fertiggestellt werden, heißt es bei den Zuständigen. Nach Meinung der für die Führungskräfte sprechenden „Fachmänner ' handle es sich freilich nur „um Alltagssorgen” oder „um Schwierigkeiten des Wachstums”, die mit genügend Flexibilität überwunden werden könnten.

In regierungsnahen Kreisen hat man, wie es heißt, die Nase voll. Nach der „nicht einmal halboffiziellen, doch wohl gültigen Überlegung”, habe sich die christlich-nationale Koalition nie ausdrücklich für die Expo engagiert und sie werde es auch in Zukunft nicht tun - insbesondere, wenn sie sich langsam darauf vorbereitet, nach den kommenden Parlamentswahlen (Mai 1994) in die Onnosition menen zu müssen.

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