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Wien über der Donau ?

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Zur Zeit läuft in Wien und Budapest ein Seminar über die geplante Expo'95. Im Dezember präsentieren die beiden Städte in Paris ihr Programm. Was wollen Wien und Budapest?

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Zur Zeit läuft in Wien und Budapest ein Seminar über die geplante Expo'95. Im Dezember präsentieren die beiden Städte in Paris ihr Programm. Was wollen Wien und Budapest?

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Zeitweilig hatte es den Anschein, als ob die „Brücken in die Zukunft“ — so das vorgeschlagene gemeinsame Thema der geplanten Weltausstellung 1995 in Wien und Budapest—noch vor ihrer Errichtung vom Einsturz bedroht wären. Die Angst vor der eigenen Courage ließ Polit-Verantwortliche in Österreich erstarren: Ja wollen wir die Weltausstellung eigentlich?

Und dies, nachdem die österreichische Bundesregierung gemeinsam mit Ungarn eine Absichtserklärung unterzeichnet hatte, und die Vorarbeiten zur Expo'95 vom „Verein Weltfachausstellung“ bereits zügig vorangetrieben wurden, um die Ernsthaftigkeit der österreichischen Bemühungen zu unterstreichen.

Jetzt muß Ernst gemacht werden. Im Dezember müssen Budapest und Wien ihr Projekt-mit fixem Standort und detailliertem Programm—der Pariser Weltausstellungsbehörde EEC präsentieren. Querelen gab es schon genug.

Zuerst war es die Standortfrage: Wien war — ohne Rücksichtnahme auf die Wünsche der Bevölkerung - bereit, den Donaupark für die Expo zu opfern. Immer noch spukt die Idee einer teilweisen Uber bauung der Donau im Bereich Reichsbrücke/Brigittenauer Brücke in den Köpfen von Architekten und Politikern herum. Auch die Wegwerf-Weltausstellung mit mehrfach verwendbarem Plastikzelt schien vielen eine praktikable Verwirklichung einer großen Vision zu sein. Kaum merklich schlitterte die Diskussion ins Fahrwasser von Schnapsideen.

Budapest hatte immer klarere Vorstellungen. Wenn schon Weltausstellung, dann sollte die ungarische Hauptstadt bleibend davon etwas haben. Stadterweiterung und -erneuerung ist in unserer Nachbarmetropole angesagt.

Ernst Stock, Generalsekretär des „Vereins Weltfachausstellung“, dessen Vorsitzender Altbundespräsident Rudolf Kirchschläger ist, geht auch nach den jüngsten Diskussionserfahrungen in Wien vom Begriff der Vision aus, wenn er von der Expo'95 spricht. Vor aller Welt soll Österreich als Brücke zwischen Ost und West dargestellt werden. Das Unikat einer Weltausstellung in zwei Städten soll der Welt vor Augen führen, daß sich im Herzen Europas tatsächlich etwas geändert hat, daß von dieser Änderung noch weitere Impulse und Initiativen für die Welt zu erwarten sind.

Konkret bedeutet das nach den Worten Stocks schnellere Verkehrsverbindungen — und zwar nicht nur zwischen Wien und Budapest. Das Konzept „Neue Bahn“ soll Zukunftswege erschließen, desgleichen der Rhein-Main-Donau,-Kanal. Die Expo'95 sollte nach des Generalsekretärs Vorstellungen quer durch Europa wirken und Grenzüberschreitungen — ohne Einbahnstraßen — bedeutend erleichtern. Auch auf die EG/Comecon-Verhältnisse erwartet Stock positive Impulse aus der Expo'95.

Wichtig sind für ihn zwei Pfeiler der Brücken in die Zukunft: der geistige und der materielle. Zunächst geht es seiner Ansicht nach um eine breite Motivation für Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst und Kultur, Beiträge zur Weltfachausstellung zu leisten. „Die Brücken sollen ab heute gebaut werden — und sie können 100 Pfeiler haben, der menschlichen Vorstellungskraft sind keine Grenzen gesetzt“, so Stock.

Dann müsse die Frage nach der tatsächlichen Effektivität der Expo'95 gestellt werden: „Was wirkt bis 1995, was nachher weiter? Welche Brücken weisen ins dritte nachchristliche Jahrtausend?“

Konkret arbeitet der „Verein Weltfachausstellung“ ausgehend von einem Drei-Phasen-Programm auf die Expo in sieben Jahren hin. In die erste Phase will man alle wichtigen Ereignisse bis 1995 — so etwa das Mozart-Jahr 1991 — eingebunden wissen. Die Ruderweltmeisterschaft soll unter anderem nach Wien geholt werden, desgleichen ist man bemüht, ein Europacup-Finale der Fußballmeister nach Wien zu bekommen. Ausstellungen sollen ihr übriges tun, um Wien als Weltausstellungsstadt ins Weltbewußtsein zu rücken.

Dann — so der Plan für die zweite Phase — soll ein Maximum an Ländern, Städten, Großkonzernen und internationalen Organisationen dafür gewonnen werden, sich während der sechsmonatigen Weltausstellung in Wien zu präsentieren. Die Subthemen — Welt der Wissenschaft, der Wirtschaft, der Kultur, der Jugend, der Gesundheit, des Heims — bieten, wie Stock betont, genügend Gelegenheit einer Selbstdarstellung.

In der dritten, der Bauphase, sollen Hallen „für unsere Kunden mit Nutzungsmöglichkeit für die Wiener Messe“ gebaut werden. 80 Prozent — meint Stock — sollen weiterbenützt werden können, so-daß es zu keiner Wegwerf-Welt-ausstellung kommen wird.

Die Standortfrage wird jetzt im Oktober im Wiener Rathaus endgültig geklärt werden müssen. Desgleichen die genaue Kalkulation bezüglich der für die Expo notwendigen Infrastruktur — wie Autobahnen, Zentralbahnhof und Flughafenausbau — die von der Weltausstellung nicht finanziert oder verdient werden kann, wenngleich, wie Stock hofft, die Expo die reinen Ausstellungskosten wohl hereinspielen wird.

Wichtig ist für Stock jetzt die Absage an kleinkariertes parteipolitisches Denken. Zu hoffen ist auf einen positiven Abschluß des „Lernprozesses“ der Politiker in dem Sinn, daß das Projekt Weltausstellung als für Österreich wichtig erkannt und damit auch der Konsens gesucht und gefunden wird. In Paris wird Einmütigkeit erwartet. Dann haben Wien und Budapest beste Chancen, den Zuschlag für 1995 zu erhalten.

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