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UNTERSCHIEDLICHE RECHTSLAGE IN EUROPA

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In Europa haben die EG Länder den größten Anteil am erfaßten europäischen Leasingvolumen, als Größen-reihung bei mobilen Investitionen (inklusive Kfz) ergibt sich für die ersten fünf Länder Großbritannien, Frankreich, Italien, Deutschland und Spanien. Im Bereich Immobilien führt Frankreich vor Italien, Deutschland, Spanien und Großbritannien.

Der Sitz Brüssel wurde von Leas-europe, dem Dachverband Europäischer Leasing-Verbände (auch Österreich ist Mitglied), im Hinblick auf die EG-Organisation und die erforderliche ständige Kontakthaltung gewählt, da sich die EG-Behörden schon geraume Zeit intensiv mit Leasingfragen beschäftigen.

Innerhalb Leaseurope bestehen verschiedene Ausschüsse und Arbeitsgruppen, von denen insbesondere der Bilanzierungs- und Steuer-Ausschuß, der Rechtsausschuß und die EG-Arbeitsgruppe in zunehmendem Maße mit EG-Fragen befaßt wird.

Es bestehen wie bei anderen Sachfragen im Rahmen der EG-Gesetzgebung Bestrebungen, auch für Leasing Harmonisierungslösungen zu finden, es wird seit Jahren umfassend verhandelt und diskutiert, ohne daß vorerst eine klare Tendenz für eine Lösung erkennbar ist. Die Probleme, die zu lösen wären, sind sehr vielgestaltig. Die Hindemisse einer einheitlichen Regelung sind insbesondere

□ unterschiedliche Rechtsordnungen in Kontinental-Europa und dem englischsprachigen Bereich;

□ unterschiedliche Bilanzierungsvorschriften;

□ unterschiedliche Steuergesetzgebungen.

Die gravierendsten Unterschiede stellen im englisch-amerikanischen Rechtsbereich die unterschiedlichen steuerlichen und handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften dar, die zu wesentlichen Abweichungen zwischen Handelsbilanzen (Gläubigerschutz) und Steuerbilanzen führen.

Im Kontinentaleuropa gilt vomehm-lich das Prinzip der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz, die Steuerbehörden müssen von der gemäß Bilanzierungsvorschriften (Aktienrecht, Handelsrecht et cetera) errichteten Handelsbilanz ausgehen und ermitteln letztlich durch Zu- und Abschläge den steuerlichen Gewinn.

Aber auch die allgemeinen Rechtsnormen, die für Leasing anzuwenden sind, unterscheiden sich gravierend,

„Gespaltenes Eigentum"

Im englischsprachigen Raum gibt es den Begriff des „gespaltenen" Eigentums (der „Nutzungs-Eigentümer" kann oder muß das Leasinggut in der Steuerbilanz aktivieren), im kontinentalen Europa gilt der strikte Eigentumsbegriff, nur der rechtliche Eigentümer hat das Recht und die Verpflichtung, das von ihm genutzte Objekt zu bilanzieren. Da Leasing vereinfacht als ein der Miete ähnliches Rechtsverhältnis mit einem Nutzungsrecht - ohne Übertragung des Eigentumsrechtes, jedoch mit Überbindung von in der Regel den Eigentümer treffenden Rechten und Verpflichtungen von den Leasingnehmern - betrachtet werden kann, hat in diesem Fall der Leasinggeber als echter Eigentümer die Biianzierungs-verpflichtung.

Der Leasingnehmer hat dagegen die Möglichkeit, das gesamte Leasingentgelt als Aufwand zu verbuchen. Eine Aufteilung der Raten in Kapitaltilgung und „zinsenähnliche" Anteile hat daHfer beim Leasingnehmer zu unterbleiben, die rechnerische Kapitaltilgung ist somit Aufwand anstelle der bei Aktivierung des Eigentums vorzunehmenden Abschreibung (AfA = Absetzung für Abnutzung).

Leaseurope hat schon sehr bald auf die Bedeutung dieser Rechtslage für das Leasing hingewiesen und die Bilanzierungsnormen für Leasing-Geschäfte formuliert. Danach hat nur der Leasinggeber das Leasingobjekt als Aktivum in die Bilanz aufzunehmen, der Leasingnehmer kann allenfalls die Größenordnung der restlichen Leasingverpflichtung unterdem Bilanzstrich beziehungsweise im Geschäftsbericht aufnehmen.

Weitere grundsätzliche rechtliche Unterschiede bestehen auch in der Betrachtung des Leasing als Finanzierungsalternative beziehungsweise erweiterte Finanzdienstleistung (wenn man übliche Nebenleistungen des Leasing, soweit sie über die reine Investitionsfinanzierung hinausgehen, außer Ansatz läßt). Auch steuerliche Sonderregelungen in einzelnen Ländern weichen von einander in wesentlichen Punkten ab.

In Frankreich und Spanien ist das Leasing als Finanzdienstleistung dem Kreditwesengesetz unterworfen, womit auch eine Konzessionspflicht (Bankkonzession beziehungsweise Finanzierungsinstitut) verbunden ist.

In der Bundesrepublik Deutschland hingegen ist Leasing (wie in Österreich) zivilrechtlich nicht gesondert geregelt, es wird gemäß Zivilrecht als mietenähnliches Bestandsrecht angesehen. Damit ist auch kein bankähnliches Konzessionserfordernis gegeben. Steuerliche Sonderregelungen für Leasing finden sich in Leasing-Erlässen des Finanzministeriums.

In Spanien und in anderen Ländern wird Leasing nur als solches anerkannt, wenn eine Kaufoption für das Leasinggut zu Gunsten des Leasingnehmers (auch bei Vollamortisation -im Gegensatz zu Österreich) besteht.

Diese und noch viele andere Einzelfragen lassen sich vorlrst nicht einheitlich im EG-Raum lösen, es wird auch emstlich überlegt, ob man nicht besser von Harmonisierungsregelungen im Leasingbereich überhaupt Abstand nehmen sollte, solange.zivil-, Steuer- und bilanzierungsrechtliche Normen im EG-Raum nicht vereinheitlicht werden können.

Mit der oben erwähnten Konzes-sionspflicht ist zum Beispiel in Frankreich das Problem der „Niederlassungsfreiheit" im EG-Raum verbunden. Deutsche Unternehmen würden somit in Frankreich eine Konzession für ihre Niederlassungen brauchen, französische Unternehmen in Deutschland nicht, da dort Leasing nicht konzessionspflichtig ist. Die derzeitigen Regelungsentwürfe sehen daher für banknahe Leasing-Tochtergesellschaften ohne Konzessionserfordernis im eigenen Land auch eine Niederlassungsfreiheit im anderen Land auch ohne Konzession vor.

Der Autor ist Generalsekretär des Österreichischen Leasing-Verbandes.

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