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Vor der Reform

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Wäre „Frühlings Tod", dieses neunminütige Fragment eines instrumentalen Requiems auf den sterbenden Frühling als Symbol eines verlorenen Paradieses auch uraufgeführt worden, wenn nicht ein 24jähriger Komponist namens Arnold Schönberg die Symphonische Dichtung unvollendet hinterlassen hätte? Sicher nicht, aber in den 137 Takten nach Nikolaus Lenau, in denen sich die musikalischen Strömungen des ausgehenden 19. Jahrhunderts vielfältig brechen, wird die musikalische Folie hörbar, die später (so ein Kritiker-Kollege) zur „musikalischen Währungsreform" der Zwölftontechnik führen sollte.

In alter Währung übernahm Schönberg 1898 von Wagner und Strauss das bewußte Schwanken zwischen rein tonalen und die Grundtonart eher verwischenden Partien. Dem Musikwissenschaftler Ulrich Thieme zufolge gleichen „die simultanen Verknüpfungen der Hauptmotive mitunter einem .Puzzle' auf kleinem Raum"; die Holzbläser senken sich in den Streicherklang ein, das Melos nimmt wagnerische Züge an, die zeitgenössischen „Tristan"-Diskussionen hallen nach. Der Einfluß von Brahms wird verlassen, Liszt und die Neudeutschen sind „moderne" Mentoren, ein Naturton ä la Dvofäk ist auffällig.

Ein Stück auf der Suche, ein Fragment der abgebrochenen Jugend, das den traditionellen Grund der musikalischen Revolution erhellt: von Riccardo Chailly und dem Radio-Symphonie-Orchester in Berlin liebevoll ausgeleuchtet. Die Uraufführung nach dem Autograph aus dem Archiv des Arnold-Schönberg-Instituts in Los Angeles vertiefte das Wissen über den Anbruch des Jahrhunderts.

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