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Waldheim inmitten von gut und bös

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Schwarz und Weiß sind noch im- mer durchgängige Kategorien der großen Weltpolitik. Auf moralischer Ebene heißen sie Bös und Gut. Ihre Absolutsetzung manövriert Politik in ausweglose Situationen.

Weiß und Schwarz, Gut und Bös stehen einander wieder einmal ge- genüber, so will es zumindest die westliche Welt: Im Nahen Osten, in der Golfkrise ist ein böser Dämon am Werk. Da wird so viel schwarz gemalt, daß manche schon über- haupt nichts mehr sehen.

Jüngstes Opfer dieser zwischen- tonlosen Sichtweise, die phanta- sielose politische Kommentatoren mit leichter Feder zu Papier brin- gen, ist einmal mehr Österreichs Bundespräsident Kurt Waldheim. Er hat den Schwarz-Weiß-Teufels- kreis, aus dem die westliche Welt hinsichtlich der Beurteilung von Saddam Hussein nicht heraus- kommt, mit seiner Geiselbefrei- ungsaktion durchbrochen. Er hat einer waffenstarrenden, trotzdem gelähmten westlichen Welt den Wert der Gesprächsbereitschaft vor Augen geführt; auch um den Preis, dafür verdammt zu werden.

Die blinden Verteidiger der soge- nannten westlichen Wertegemein- schaft, die bei humanitären Aktio- nen zu Kosten-Nutzen-Rechnungen auffordern, bei militärischen Ak- tionen ohne mit der Wimper zu zucken den höchsten Blutzoll ak- zeptieren würden, lassen am ein für allemal abqualifizierten Waldheim kein gutes Haar. „Waldheim rührte keinen Finger, um auch andere Geiseln außer den Österreichern aus der irakischen Hölle zu befreien", lügt schamlos Israels auflagenstärk- ste Zeitung „Jediot Acharonot". Und „Maariv" sieht in der Freigabe der Österreicher durch Saddam Hussein den „Preis" fürden Besuch des „Nazis Waldheim" beim Dikta- tor. Da wundert es schon nieman- den mehr, daß die liberale israeli- sche Tageszeitung „Haarez" von einer „Gefühllosigkeit" spricht, „die man nicht einmal Waldheim, zugetraut hätte".

Jetzt soll zu der Wirtschaf tsblok- kade gegenüber dem Irak offenbar auch ein Gesprächsembargo hin- zukommen. Dann wird es über- haupt keine Lösung der Golfkrise geben. Die harte Haltung des Golf spielenden amerikanischen Präsi- denten George Bush gibt Verhand- lungen keine Chance.

Waldheim hat demonstriert, daß dieser Weg falsch ist. Man verhan- delt ja auch mit Hijackern, ohne^ deren Ziele und Mittel gutzuhei- ßen. Jeder ist froh, wenn einmal Frauen und Kinder freikommen; niemand wäre so vermessen, auf eine Opfergemeinschaft zu pochen.

Walaheim hat der Welt die Mög- lichkeit des Verhandlungsweges auch miteinem „Teufel" aufgezeigt; einer Welt, der es unmöglich ist, diese Lehre ausgerechnet von Wald- heim anzunehmen, den sie in Schwarz-weiß-Manier geächtet hat; einer Welt, die eher auf den so- genannten finalen Rettungsschuß setzt, der Täter und Opfer gleicher- maßen vernichtet.

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