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Wichtiger internationaler, innerkirchlicher Dialog

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Der Jesuit Jon Sobrino zählt zu den bedeutendsten Theologen der Befreiung. Sobrino nahm im März 1992 stellvertretend für seine fünf Mitbrüder, die wegen ihres Einsatzes für die Menschenrechte in El Salvador im November 1989 vom Militär ermordet wurden, den „Menschenrechtspreis der Karl-Franzens-Universität Graz” entgegen. Er selbst war in der Mordnacht verreist, sonst zählte auch er zu den Opfern. Um so bedauerlicher ist es, daß die Ehrendoktorwürde, die die Universität verleihen wollte, von maßgebender kirchlicher Stelle abgelehnt wurde.

Das war Ausgangspunkt, um einen Disput mit diesem prominenten Theologen zu veranstalten. Dank vorliegender Veröffentlichung kann der Leser an den Hauptthemen dieses Dialogs innerhalb unserer Kirche teilnehmen. Hauptgesprächspartner beim ersten Thema, theologische Arbeit in einer Welt des Leidens, warOto Mädr,

Professor im tschechischen Untergrund und Charta-77-Unterzeichner. Bei weitgehender Übereinstimmung, insbesondere in der Erfahrung der Ver-folgung, zeigt sich, wie wichtig der Standort für das theologische Schaffen ist. Wer wie Mädr unter kommunistischer Herrschaft gelebt hat, tut sich schwer, eine Nähe zu marxistisch inspirierten Humanwissenschaften zu akzeptieren.

Die Unterschiedlichkeit des Ortes, von welchem aus Theologie betrieben wird, war durchgehend auch im Themenkreis „Bedrohungen”, mit welchen Theologien konfrontiert ist. Für Sobrino ist das Übel der „Götzendienst”, für den europäischen Gesprächspartner, den Ordensmitbruder Raymund Schwager aus Innsbruck, ist diese Bedrohung von der Bibel her das Dämonisch-Satanische.

Ähnlich im dritten Themenkreis, der Ekklesiologie. Auch hier ist die Kirche der Armen für den Lateinamerikaner eine unmittelbar vorhandene Größe, während der europäische Theologe Siegfried Wiedenhofer die „Option für die Armen” erst einer Wohlstandsgesellschaft erläutern muß. Bei der Lektüre wird der Leser bald merken, wie notwendig innerkirchlicher Dialog ist, wenn schon zwischen Europa und Lateinamerika der Standort so bestimmend ist. Wie mag erst eine Auseinandersetzung mit den Kulturen Asiens oder Afrika aussehen?

Es gab im Bedenkjahr 1992 zahlreiche Publikationen. Vorliegende nimmt aber eine Sonderstellung ein, erstens weil sie mit der Theologie der Befreiung in einen echten Dialog tritt und zweitens, weil sie zeigt, wie reich unsere Kirche sein kann, wenn statt „Dienst” an der Einheit der „Dienst der Vielfalt” geleistet wird.

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