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Wir Brückenbauer

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Der Zusammenbruch der offenbar von Anfang an gefährdeten lnnbrücke erhält immer mehr Ähnlichkeit mit einer internationalen Blamage Österreichs. Wir reden zwar viel von unserer Brücken-Funktion zwischen West und Ost, aber im Lande selbst brechen Brükken zusammen.

Ich frage mich, was ein Mann wie Vciclav Havel in einer solchen Situation getan hätte. Wahrscheinlich sind unsere Krisenmanager brave Leute, aber Phantasie für international überzeugend e Gegenmaßnahmen haben sie nicht.

Ich könntemir vorstellen, daß Vciclav Havel zusätzlich noch anderes unternommen hätte: Wozu haben wir Pioniere, die angeblich Brücken über die Donau in kürzester Zeit errichten können? Wäre dies nicht eine Gelegenheit gewesen, unserem Bundesheer eine Chance zu geben und Europa zu zeigen, daß wir nicht nur von Brükken- Bauen sprechen, sondern auch zu handeln imstande sind?

Ich bin der Meinung, daß Vciclav Havel sogar aus dieser Pleite noch eine Heldentat gemacht hätte. Brachte seine Hilfe in Albanien gegenüber, ihrer realen Effizienz nicht ein Vielfaches an Werbung für ihn in der ganzen Welt? Die Sondermaschine des Präsidenten holte 51 Albaner nach Prag, unter Skandierung des Namens „Havel" verließen sie das Flugzeug. Die Schiffe mit 6.000 Flüchtlingen erregten weitaus weniger Aufsehen.

Für Havel wäre jedes Auto über die Pionierbrücke bei Kufstein ein persönlicher Sieg geworden. Ein großes Symposion in Kufstein, sowie die - unbeantwortete - Einladung an die UNO, ein Sekretariat für NordSüd- Probleme in dieser Stadt einzurichten, wären in Schlagzeilen um die Welt gegangen. Uns fehlt ein Theatermann in der Politik.

Schon der Schauspieler Ronald Reagan hatte Michail Gorbatschow als erster demonstrativ die Hand gegeben, und der Dramatiker Vciclav Havel geht weiter den Weg der einfallsreichen Phantasie. Warum ist der Auftrag an Karl Schwarzenberg ihm und nicht unserer Regierung eingefallen?

mit Vciclav Havel in eine bessere Beziehung zu bringen: Gerard Mortier und Hans Landesmann könnten ihn einladen, für die Salzburger Festspiele 1993 einen „Jedermann " zu schreiben - oder wenigstens vielleicht für das Expo-Jahr 1995. Immerhin gab es einige Uraufführungen seiner Stücke in Österreich (wo man ihn als Dramatiker nun vergessen hat). Da ich ihn viele Jahre kenne, versichere ich, daß der Dramatiker in ihm die stärkste aller seiner bisherigen Rollen bleibt. Vielleicht übernimmt Kar l Schwarzenberg für drei Monate seine Geschäfte auf der Prager Burg, und Vciclav Havel verschwin.det für diese Zeit, um zu schreiben - eventuell im Wiener Palais von Karl Schwarzenberg.

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