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Wo Panzer stoppen

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Der Machtwechsel auf den Philippinen wird als Musterfall einer gewaltarmen, unblutigen Revolution in die Geschichte eingehen. In Zeiten, da Terror immer neue Triumphe feiert, ist dies ein doppelt hoffnungsvolles Zeichen.

Daß die katholische Kirche den wahrscheinlich entscheidenden Beitrag zu einer solchen Lösung geleistet hat, wiegt in den Augen der Welt zehn neue Enzykliken über Menschenwürde auf.

Mit Recht hat daher der österreichische Laienrat, die oberste Repräsentanz aller katholischen Laiengruppen und Verbände, in einem Telegramm an Kardinal Jaime Sin zur Rolle der Kirche in diesem Drama um Gerechtigkeit und Freiheit gratuliert und auf seine internationale Beispielwirkung hingewiesen.

Freilich: In die allgemeine Freude darüber darf sich jetzt kein Fehlschuß mischen. Ein solcher Fehlschuß wäre: Jetzt haben wir ein Re- -zept für die Lösung des Problems des Machtmißbrauchs gefunden, jetzt können wir auf Armeen zur Selbstverteidigung verzichten. Tausend Menschenleiber bringen Panzer zum Stehen!

Wahr ist: Sie brachten sie in Manila zu stehen. In Prag gelang das gleiche vor 18 Jahren nicht. In Budapest vor 30 Jahren auch nicht. Und auch nicht vor sieben Jahren in Afghanistan.

Ob Panzer in Menschenmeeren stoppen oder weiterrollen, hängt von den Oberkommandierenden und ihren Hintermännern ab. Bei der Niederwalzung von Freiheitsdemonstranten in Ungarn, in der CSSR und in Afghanistan waren die Hintermänner und ihre Marionetten fürs Schießen. In Manila nicht.

Denn auch hinter dem Marcos-Regime stand eine Großmacht, die auf den Philippinen Eigeninteressen verteidigt. Die Regierung der USA, sonst nicht immer und überall Meisterin in Psychologie und Feingefühl, hat Präsident Marcos zur gewaltlosen Aufgabe gezwungen, so wie sie 1979 den Schah von Iran und 1986 den Menschenschlächter von Haiti nicht verteidigte.

Die USA haben im Fall Philippinen nicht nur politisch, sondern auch menschlich richtig gehandelt. Das ist der Unterschied zwischen einer demokratischen und einer totalitären Großmacht.

Solange individuelle und kollektive, äußere und innere Gewaltanwendung so alltäglich bleiben, wie sie es noch immer sind, müssen freiheits- und gerechtigkeits-liebende Menschen notfalls auch zu aktiver Selbstverteidigung bereit sein. Aber das Beispiel Philippinen hat gezeigt, daß der Spielraum vor der Gewaltschwelle immer größer wird.

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