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Präsidentin für Pulo Lapo-Lapo

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Von Manila nach Baguio City, der Sommerhauptstadt der Republika Phiiipinas, sind es nur 250 Kilometer. Mehr, .als vier Stunden .dauert die. Autofahrt. Noch in den Jahren 1947 und 1949 wagte niemand, diese Straße zu fahren, denn diese Provinz Tarlac, mit Mt. Alayat als Zentrum, war damals Hochburg der kommunistischen Huk-Bewegung. Die Stadt Bamban hatte sogar den Beinamen „Ghost town“ erhalten. Nachdem Louis Taruk, Führer der KP auf den Philippinen, sich ergeben und begonnen hatte, als wohlhabender Mann in Manila zu leben, hatten die philippinischen Kommunisten keine Chance mehr. Obwohl die maoisti-sche Neue Volksarmee vor ein paar Jahren ziemlich aktiv war, verliert sie jetzt an Popularität. In der Zen-tral-Luzon-Ebene herrscht heute Frieden.

Das ernsteste Problem des Landes ist die Moro-Rebellion im Süden (Mindanao, Palawan und Sulu-Inseln). Als das Kriegsrecht im September 1972 ausgerufen wurde, fing die Manila-Regierung an, das Grund-und Bodengesetz durchzuführen, vor allem die Eintragung der Grundbesitzer. Infolge ihres niedrigen Er-ziehungs- und Bildungsniveaus hatten viele mohammedanische Einwohner im Süden es versäumt, sich als legale Besitzer eintragen zu lassen. Die schlauen christlichen Einwanderer aus dem Norden nutzten dies aus und erwarben große Grundstücke.

Das Gesetz verlangt, daß die nun rechtlosen Moros ihr Eigentum zu verlassen haben. Dieser wirtschaftliche Wahnwitz hat die Moros schließlich in den bewaffneten Widerstand getrieben. Sie bekommen Hilfe von außen, vor allem von Mustafa in Sabah und Ghadaffi in Libyen; auch die Moslems Indonesiens und Malaysiens helfen ihnen.

Diese sogenannte Black-Shirt-Army der Moslems führt eine sehr typische Guerilla. Am Tage arbeiten sie als Bauern, des Nachts werden sie aktiv. Sie besitzen MG und sogar Kanonen. Den Moros gegenüber versuchte es die Manila-Regierung zuerst mit grausamen Repressalien.

Heute konzentriert sich die Rebellion auf Cotabato, Lanau und Sulu und Präsident Marcos versucht, das Moro-Volk durch verschiedene Anbiederungsmethoden für sich zu gewinnen. Die älteren Leute sind bereits .„gekauft“, nur die junge Generation will den Kampf fortsetzen, um eine unabhängige Republik Mindanao oder eine islamische Moro-Republik zu gründen, die möglicherweise auch Palawan, Sulu und Sabah umfassen soll.

Die Lage hat sich zwar etwas beruhigt, doch die christlichen Flüchtlinge wagen noch nicht, zurückzukehren. Die philippinische Regierung vergibt an einige ausländische Erdölkonzerne Konzessionen in Mindanao, Sulu und Palawan. Das Ergebnis wird streng geheimgehalten, um die Moros nicht noch mehr zu beunruhigen.

Das zweite schwierige Problem ist zweifellos die Wirtschaft. Inflation, Teuerung, Arbeitslosigkeit und Korruption sind an der Tagesordnung.Der Arbeiter muß seine Familie mit einem Tageslohn von nur 8 bis 16 Pesos, das sind 1 bis 2 US-Dollar, ernähren. Das Geld, das sich die philippinische Regierung von Ost und West ausgeborgt hat, wurde selten in die Infrastruktur investiert. Uberall arbeitet hingegen US-Kapital, zum Beispiel im Bezirk Makati in Manila, wo mit amerikanischem Geld ein neues Handelsviertel an Stelle einer Wildnis entsteht. Auch japanisches Kapital drängt ins Land.Diesem Land fehlt der Mittelstand. „Reiche Hazienda- und Villenbesit-zer, vor allem in Green Hill und Forbes bei Maoila, aber auch in Baguio City, leben im Luxus. Viele von ihnen ahnen allerdings Unheil und sie emigrieren nach Australien und Kanada.

Staatspräsident Marcos, der chile-sches Blut hat, ist ein kluger Politiker; er versucht, den ASEAN-Pakt zu stärken. Doch sieht es nachgerade so aus, als ob Madame Imelda Marcos im Begriffe wäre, sich zur Staatspräsidentin zu machen.

Das Kriegsrecht ist überraschenderweise ziemlich populär. Eine Redakteurin des „Time Journal“ und ein Ingenieur der MacKay-Machi-nery Inc. in Manila haben mir versichert, daß es eine gute Sache sei.

Auf den Philippinen herrscht zur Zeit eine pekingfreundliche Welle wie vor etwa vier Jahren in Europa. Der Finanzminister Romanez besuchte vor kurzem Peking, um dort Kredite zu erbitten. Im Mai wird Präsident Marcos Moskau besuchen, um das Gleichgewichtsspiel zwischen den Großen nicht zu gefährden. Die kulturellen Beziehungen zwischen der UdSSR und den Philippinen in Form von Ensemblegastspielen des Bolschoj sind ausgezeichnet. Falls der Besuch Marcos in Moskau Erfolge erzielt, werden die beiden Länder bald diplomatische Beziehungen aufnehmen können.

Es gibt Gerüchte, wonach die Sowjets den Philippinen angeboten hätten, Manila bei der Unterwerfung 'der maolstisehen Neuen Volksarmee zu helfen, unter der Bedingung, daß Subic Bay sowjetischer Militärstützpunkt werde.

Die Entführung einer PAL-Maschine BAC-III-Jet durch drei Terroristen, die der MNLF (Moro Nationale Befreiungsfront) nahestehen, sowie die Weigerung der USA, dem philippinischen Expräsi-denten Diosoado Macapagal politisches Asyl zu gewähren, gelten zur Zeit als wichtige Ereignisse. Mit Imelda Marcos hingegen suchen die Philippinen ihre neue Identität und neue Wege. Man denkt sogar daran, den Staatsnamen zu ändern, weil „Philippinen“ an den spanischen König Philipp II. erinnert und weil dies angeblich nach Kolonialismus rieche. Der neue Name ist noch nicht erfunden worden. Einer der Vorschläge lautet: „Pulo Lapo-Lapo“. Will Imelda Marcos dem Beispiel von Isabel Perön, Indira Gandhi oder Tschiang-Tsching folgen? Die Antwort darauf kennt nur Imelda Marcos selbst.

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