6977042-1985_49_07.jpg
Digital In Arbeit

Zeichen auf Sturm

Werbung
Werbung
Werbung

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob es dem phüippinischen Staatschef Ferdinand Marcos tatsächlich um die Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse gehe:

Zuerst hat Marcos für den 18. Jänner 1986 „Neuwahlen“ angekündigt, obwohl seine Amtszeit erst in 18 Monaten zu Ende geht. Jetzt hat er ein Gesetz entdeckt, das erst den 7. Februar als Wahltag vorsieht. In der Öffentlichkeit präsentiert sich Marcos bereits als Wahlsieger, die Opposition behauptet dagegen, der todkranke Diktator wisse nicht einmal, was im Lande wirklich los sei.

Für Washington ist der philippinische- Musterverbündete von gestern zum unkalkulierbaren Risiko geworden: Die schwere Wirtschaftskrise und ein zehnjähriger Dschungelkrieg gegen die kommunistische Guerilla haben das Inselreich an den Rand des Ruins gebracht. Für die Sclfotzmacht USA steht hier einiges auf den Spiel: Der Luftstützpunkt Clarke und die Marinebasis Subic-Bay, für deren weiteren Ausbau Washington bis 1990 über 1,8 Milliarden Dollar aufbringen will, zählen zu den größten US-Stützpunkten außerhalb der Vereinigten Staaten. Für den Fall, daß sich die Lage auf den Philippinen auch weiterhin verschlechtert, bieten die Militärplaner des Pentagon der US-Regierung eine Ausweichmöglichkeit auf die Insel Guam und die Marianeninsel Tinian.

Im Augenblick setzt Washington die bürgerliche Opposition unter Druck, ihren demokratischen Kampf gegen Marcos zu intensivieren.

In den Meinungsumfragen führt der 57jährige Jurist und wohlhabende Grundbesitzer aus der Provinz Batangas, Salvador Laurel „Doy“. Doch für die Armen ist Laurel lediglich ein „zweiter Marcos“. Gute Chancen werden der Witwe des 1983 ermordeten Oppositionsführers Benigno Aquino, Corazon, eingeräumt. Aquinos mutmaßlicher Mörder, der ehemalige Stabschef Fabian Ver, ist nach einem zweifelhaft geführten Prozeß freigesprochen worden.

Der größte Teil der Bevölkerung, vor allem die Masse der Armen, ist am Ausgang der Wahlen wenig interessiert. Ihre Hauptsorge gilt dem Uberlebenskampf. Durch den ständigen Verfall des Zuckerpreises auf dem Weltmarkt verschlechtern sich die Lebensbedingungen für die Landarbeiter von Tag zu Tag. Für die Ärmsten der Armen ist der Weg zur Guerilla oft der einzige Ausweg aus ihrer Notlage.

Das wohl schlagkräftigste Instrument der Partisanen ist derzeit die 12.000 Mann zählende „Neue Volksarmee“, deren Aktionen von den Kommunisten aus dem politischen Untergrund gelenkt werden. Der politische Arm der Guerüla ist die 1973 gegründete „Nationale Demokratische Front“, in der ebenfalls die Kommunisten den Ton angeben.

Im Jänner will man als Antwort auf die Marcos-Wahlen einen „Nationalrat“ gründen, dessen Chef voraussichtlich der KP-Aktivist und ehemalige Journalist Tony Zumel sein wird. Ein Teil des Klerus in den Basisgemeinden sympathisiert offen mit der Guerilla. Ein Beispiel dafür ist der Missionspater und Guerillaführer Conrado Baiweg.

Die Guerilla unterhält in ihren Reihen eine nach nikaraguanischem Muster aufgebaute Kampforganisation namens „Christen für die Volksbefreiung“. Die philippinische KP, die den Guerillakampf anführt, verkündet unentwegt, für den revolutionären Wandel sei eine breite Volksfront unter Einschluß aller Kräfte notwendig.

Die Zeit für eine Revolution allerdings werde erst in fünf Jahren reif sein. Der große Sturm steht noch bevor, prophezeien die Kommunisten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung