Kolumbien - © Foto: APA / AFP / Juan Pablo Pino

Kolumbien vor der Wende

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Der ehemalige Guerillero Gustavo Petro hat gute Aussichten, neuer kolumbianischer Präsident zu werden. Vor allem der Korruption im Land hat er den Kampf angesagt.

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Der ehemalige Guerillero Gustavo Petro hat gute Aussichten, neuer kolumbianischer Präsident zu werden. Vor allem der Korruption im Land hat er den Kampf angesagt.

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Durch Kolumbien weht der Wind des politischen Wandels. Wo immer Gustavo Petro auftritt, haben die Wahlveranstaltungen Volksfestcharakter. Cumbia-Tänzerinnen in ihren bunten Kleidern machen Stimmung auf den prall gefüllten Plätzen, Fahnen werden geschwenkt, feurige Reden geschwungen. Petros Partei Colombia Humana und seine breite Linksallianz Pacto Histórico sind schon bei den Parlamentswahlen im März zur stärksten Fraktion in Abgeordnetenkammer und Senat geworden. Jetzt will der 62-jährige Ökonom und ehemalige Guerillero am 29. Mai auch die Präsidentschaft erobern.

Dass ihm das gelingen kann, zeigen nicht nur die Umfragen, die ihm über 40 Prozent Zustimmung bescheinigen. Auch die konservative Regierung von Präsident Iván Duque und die traditionellen Machtgruppen fürchten um Einfluss und Pfründe. Duque hat in den letzten Wochen noch eine Anzahl von Günstlingen in wichtige Posten gehievt und gewaltige öffentliche Aufträge vergeben, die das Budget der künftigen Regierung kompromittieren. Petro, der Duque 2018 in der Stichwahl noch unterlag, befindet sich seither im Dauerwahlkampf. Der brillante Redner deckt Skandale und Korruptionsgeschichten der Regierenden auf und hat, anders als sein schärfster Rivale, der konservative Ex-Bürgermeister der Millionenstadt Medellín, Federico „Fico“ Gutiérrez, auch ein detailliertes Programm vorgelegt. Während „Fico“ in der Tradition der rechten Caudillos voll auf das Sicherheitsthema setzt, will Petro in den Sozialbereich investieren, die kleinbäuerliche Landwirtschaft fördern und das Land vom Export fossiler Energieträger wie Kohle und Erdöl unabhängig machen.

Ein Aufdecker als Kandidat

An seiner Seite weiß er mit der afrokolumbianischen Anwältin und Umweltaktivistin Francia Márquez eine Frau, deren Schlagfertigkeit gegen rassistische Attacken von Mitbewerbern ihre Popularität noch gesteigert hat. Außerdem deckt die Kandidatin für die Vizepräsidentschaft die Bereiche Frauenrechte und Umwelt ab, wo Petro schwächelt. Auch bei der Jugend, die vor einem Jahr mit einer wochenlangen Streikbewegung gegen Sozialabbau protestierte, ist sie höchst populär.

Schon jetzt zeichnet sich für eine mögliche Stichwahl am 19. Juni ein extrem knappes Ergebnis ab, da die politische Rechte nichts unversucht lässt, um Petro und seine Bewegung zu dämonisieren. Obwohl die M-19-Guerilla vor mehr als 30 Jahren demobilisiert wurde und deren Mitglieder seither äußerst konstruktive Rollen in der Politik gespielt haben, hält man dem ehemaligen Bürgermeister von Bogotá und langjährigen Senator noch immer seine bewaffnete Vergangenheit vor. Höchste Funktionäre unterstellen Francia Márquez gegen alle Evidenz Mitgliedschaft bei der noch aktiven ELN-Guerilla. Petro setzt also alles daran, schon in der ersten Runde die erforderliche Mehrheit von 50 Prozent der Stimmen zu erreichen und sich eine Stichwahl mit einem erwartbar noch schmutzigeren Wahlkampf um die Stimmen des politischen Zentrums zu ersparen.

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