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Zwei Bischöfe für Chur

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Auf den schwelenden Konflikt im Schweizer Bistum Chur hat Papst Johannes Paul II. Anfang März mit der Ernennung von zwei Weihbischöfen reagiert.

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Auf den schwelenden Konflikt im Schweizer Bistum Chur hat Papst Johannes Paul II. Anfang März mit der Ernennung von zwei Weihbischöfen reagiert.

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In einem Brief an die Schweizer Bischofskonferenz teilt der Papst mit, daß er „nach langem Beten und Nachdenken” entschieden habe, mit diesem Schritt den derzeitigen Konflikt in der Diözese Chur friedlich zu lösen. Dem umstrittenen Churer Bischof Wolfgang Haas werden der Jesuit Peter Henrici und derOrdenspriester Paul Vollmar zur Seite gestellt werden, um die kirchliche Einheit in der Schweiz nicht ernsthaft zu gefährden.

Noch allerdings steht nicht fest, wie sich die Zusammenarbeit mit Haas genau gestalten wird. Auch in welchem Teil des Bistums die beiden Hilfsbischöfe ihren Sitz nehmen werden - ob in der Churer Diözese, ob in der Ur-schweiz oder im Kanton Zürich -, bleibt noch offen.

Das päpstliche Schreiben vom 1. März ist bezeichnenderweise nicht an den Diöze-sanbischof Haas, sondern an den Präsidenten der Bischofskonferenz Pierre Mamie gerichtet. Man sieht auch darin ein Zeichen dafür, daß den Ernennungen eher die Initiative Roms als der Wunsch des Churer Bischofs zugrunde liegt. In seinem Brief nimmt der Papst unverhohlen Bezug auf die „gegenwärtigen Schwierigkeiten” in der Diözese Chur und den dringenden Wunsch von Geistlichen und Laien nach einer Wiederherstellung der kirchlichen Gemeinschaft.

Bekanntlich hatte bereits 1988 die Berufung von Wolfgang Haas durch den Vatikan zum Nachfolger von Bischof Vonderach zu heftigen Protestkundgebungen geführt. Nach der Übernahme des Bischofsamtes war es dem von vielen Seiten angefeindeten Liechtensteiner Haas nicht gelungen, für seine personellen und theologisch-sachlichen Entscheide in seinem Bistum Rückhalt zu finden.

Erleichtert und erfreut

In der Folge hatten sich zahlreiche Eltern geweigert, ihre Kinder vom Churer Bischof firmen zu lassen. Die katholische Kirche im Kanton Zürich

- die zum Bistum Chur gehört - äußerte ihren Unmut über Haas dadurch, daß sie es unterließ, die Kirchensteuern an Haas zu zahlen. Achtzig Prozent der Priester und Laien sollen heute im Bistum Chur überhaupt kein Vertrauen in ihren Bischof setzen.

Die Schweizer Bischofskonferenz hat jetzt mit „Freude und Erleichterung” die Epistel des Heiligen Vaters vom 1. März entgegengenommen. In einer Erklärung dankten die Bischöfe für diese wichtige Entscheidung Roms und zeigten sich zuversichtlich, daß die Auseinandersetzungen in Chur nun doch bewältigt werden können. Der Präsident der Konferenz, Pierre Mamie, sprach vom Beginn eines „neuen Tages” für alle Schweizer Katholiken.

Der 65jährige Henrici ist Professor an der Päpstlichen Universität „Gre-goriana” in Rom und Berater der Kongregation für die Glaubenslehre

- im übrigen ein Neffe des verstorbenen Kardinals Hans Urs von Balthasar.

Er wird als „feinfühliger Philosoph und Theologe mit Gerechtigkeitssinn” beschrieben. Der 59jährige Paul Vollmar aus der Marianisten-Gemein-schaft war bisher geistlicher Berater in der Priesterausbildung der Bistümer Sitten und Lausanne-Genf-Fri-bourg und ist gegenwärtig Supe- ri-or der Kommunität St. Raphael in Fribourg. Seine Stärke liegt in seiner langjährigen seelsorgerischen Erfahrung.

Über die Wahl der beiden Weihbischöfe - ihre Vornamen Peter und Paul gelten als ein besonders gutes Omen - zeigen sich sowohl Haas-Gegner als auch Haas-Getreue sichtbar erleichtert und erfreut. Man hofft auf das unabhängige Urteil der beiden neu ernannten Weihbischöfe. Sie sind zwar mit der Churer Problematik bestens vertraut. Von den lokalen Querelen im Bistum jedoch sind sie völlig unbelastet.

Viele Katholiken sehen darin einen Beweis mehr dafür, daß Papst Johannes Paul II. nun wohl erkannt hat, daß die Krise in diesem eidgenössischen Bistum in erster Linie im Zusammenhang mit der Person von Bischof Haas zu sehen ist.

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