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Befreiung vom Joch?

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Bei internationalen Kongressen, die in Triest abgehalten werden, erhalten prominente ausländische Teilnehmer aus der Hand der höchsten Stadtfunktionäre auch schöne Buchgeschenke. Darunter befindet sich auch ein drucktechnisch sehr schönes, mit vielen prachtvollen Farbbildern versehenes Werk über Triest und seine Geschichte. Nur schade, daß darin viel vom österreichischen oder habsburgischen Joch die Rede ist, von welchem Triest 1918/19 befreit wurde. Ein solches Geschenkwerk wurde vor nicht langem auch einem Angehörigen eines der ältesten österreichischen Adelsgeschlechter überreicht, der diese Gabe begreiflicherweise nur mit gemischten Gefühlen aufnahm.

Anläßlich der Wiederkehr des Eintrittes Italiens in den ersten Weltkrieg sind auch in diesem Jahr sehr viele Feiern abgehalten worden, die dem Gedenken an die „liberazione dei giuogo austriaco“ gewidmet waren. Das „österreichische Joch“, in manchen dieser Feiern auch als „occupazione austriaca“ (österreichische Besetzung) bezeichnet, war aber in Wirklichkeit keine Fremdherrschaft. Liest man in den in den letzten zwei Jahren erschienenen, teilweise sehr schönen Büchern über die Geschichte der heute jugoslawischen Städte Albona, Parenzo, Dignano usw. nach, so findet man überall betont, daß diese Städte stets, auch vor 1918 unter Österreich, eine reine Italianitä bewahrt haben und diese erst seit 1945 verloren. Im Vorwort zum Buch „Albona“ von Sergio Cella (Triest 1964) Ist eine

Karte Istriens enthalten, in der die Gemeinden dargestellt sind, die 1914 einen italienischen Bürgermeister hatten und italienisch verwaltet waren. 80 Prozent der Gemeinden sind hier aufgezählt.

Was wunder, wenn man im geraden Gegensatz zu diesen gelenkten Manifestationen gegen die österreichische „Okkupation“ (ein dm jeder Hinsicht falsches Wort, da Habsburg diese Gebiete Im Erbwege oder durch Verträge bekam) heute auf Schritt und Tritt in diesen Tälern in der italienischen Bevölkerung hört, daß es vor 1914 im Grunde doch recht gut ging und man gerne wieder ein solches Maß an Selbstverwaltung hätte — wie damals unter dem „Okkupator“ Österreich.

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