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WALTER ANTONIOLLI / THEORIE UND PRAXIS

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Am 30. Dezember 1967 wird Walter Antonioiii, Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Ordinarius für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität

Wien, 60 Jahre. 1907 als Sohn eines höheren Eisenbahnbeamten in Mistelbach geboren, wurde Antonioiii nach Absolvierung des Studiums Verwaltungsbeamter. Er war längere Zeit in der Amts-leitung des Magistrats der Stadtgemeinde St. Pölten unter Magistratsdirektor Kernstock, einem Meister der praktischen Verwaltung, wie ihn Antonioiii nennt, tätig. Damals prägte sich ihm die Überzeugung ein, „daß selbst der völlig dem tätigen Leben zugewandte Verwaltungsjurist der Theorie nicht entraten kann“. Die Verbindung von Theorie und Praxis war und ist ein Wesenszug seiner wissenschaftlichen Arbeiten.

Antonioiii kam wie viele österreichische Staatsrechtslehrer über die Verwaltung zur Verfassung. Nach dem Krieg kurze Zeit Präsidialsekretär des Verfassungsgerichtshofes, wandte er sich in der Folge der akademischen Laufbahn zu und kehrte anfangs

der fünfziger Jahre — nunmehr Professor an der Universität Innsbruck — als Mitglied in den Verfassungsgerichtshof zurück. Er wurde einige Jahre später ständiger Referent, Vizepräsident und schließlich Präsident des Verfassungsgerichts. In der Zwischenzeit war er an die Universität Wien berufen worden. 1954 war sein „Allgemeines Verwaltungsrecht“ erschienen. In diesem Werk kommt gleichsam Antonioiiis Wesen zum Ausdruck: Es ist einfach in Stil und Aufbau, entwickelt Theorien nicht um der Theorie willen, sondern im Hinblick auf das tätige Leben, ist nicht apodiktisch — absolut, sondern problemerhellend und anregend und strahlt Klarheit des Denkens aus.

Antonioiii ist achtsam im Umgang mit dem Wort. Deshalb ist sein Vortrag so überzeugend. Und deshalb spricht er gerade die Jugend an. Antonioiii ist einer der wenigen Pädagogen unserer

hohen Schulen. Seine Autorität ist wahr: Sie gründet im unbedingten und freien Vertrauen seiner Hörer. Antonioiii ist ein großer Erzieher der Studenten, weil er die Jugend ernst nimmt. Ihr ist er durch seine offene und objektive Hältung, durch seine Ehrfurcht vor dem Menschen und vor dem Recht und durch sein stilles Dienen an der res- publica Vorbild. Es ist etwas recht Stilles um den Verfassungsgerichtshof und seinen Präsidenten. Diese Stille braucht das Verfassungsgericht, um der rechtlichen Grundordnung des Staates höchste Geltung zu verschaffen und seine verbindende und erziehende Aufgabe im Gemeinwesen zu erfüllen.

In unserer geistig unsicheren Zeit sind wir auf der Suche nach ausgezeichneten Männern. Bei Antonioiii dürfen wir sagen: Wir blicken auf einen solchen Menschen.

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