Internationale Einmischung ist nicht erwünscht

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Der Bürgerkrieg in Sri Lanka wurde letzte Woche militärisch entschieden. Der soziale Frieden ist damit aber noch lange nicht gewonnen.

Velupillai Prabhakaran ist tot. Der gefürchtete und geheimnisumwitterte Anführer der Tamilischen Rebellenorganisation Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) wurde "im Kampf gegen die militärische Unterdrückung der srilankischen Regierung" getötet. Das gab der offizielle Sprecher der LTTE mit einer Woche Verspätung zu und erklärte, man wolle das tamilische Selbstbestimmungsrecht nur mehr mit friedlichen Mitteln verfolgen.

Gemeinsam mit Prabhakaran wurde das gesamte Oberkommando der Separatistenorganisation getötet. Über die Umstände der letzten Stunden im Rückzugskampf der LTTE gibt es wenig Gesichertes. Die Darstellungen der Regierung sind derartig widersprüchlich, dass ihnen mit viel Skepsis begegnet werden muss.

Mit dem Auslöschen aller relevanten Kader will die Regierung von Präsident Mahinda Rajapakse sicherstellen, dass die LTTE sich nie wieder sammeln und aktiv werden kann. Menschenrechtliche Bedenken spielten in diesem Kampf keine Rolle. Das bewies die Armee ja auch mit ihren Luft- und Artillerieattacken auf die LTTE-Gebiete, wo zuletzt noch etwa 100.000 tamilische Zivilisten unter unvorstellbaren Bedingungen auf das Ende der Kämpfe warteten.

Grünes Licht für brutalen Feldzug

Über die menschlichen Kosten der letzten Phase dieses Krieges veröffentlicht die Regierung erst nach und nach Details: Mehr als 6000 Soldaten wurden in den letzten drei Jahren verheizt. Über 20.000 LTTE-Kader sollen gefallen sein. An die 300.000 durch monatelangen Hunger geschwächte und ausgemergelte Vertriebene, von denen viele krank sind oder durch Schrapnelle verletzt oder verstümmelt wurden, stecken in Internierungslagern.

UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon, der am Wochenende das herzeigbarste dieser Lager besuchen durfte, äußerte sich anschließend zutiefst betroffen: "Ich habe die Welt bereist und schon ähnliche Einrichtungen gesehen. Aber das waren bei Weitem die entsetzlichsten Szenen." Seine dringliche Bitte, internationalen humanitären Organisationen Zugang zu den Lagern zu gewähren, wurde ausweichend beantwortet.

Genauso fruchtlos waren Interventionen europäischer Politiker, die in den vergangenen Wochen ein Blutbad zu verhindern trachteten, und Appelle des Roten Kreuzes, die Evakuierung oder Versorgung der Zivilbevölkerung zu ermöglichen. Die EU vergab vor drei Jahren schon jede Einflussmöglichkeit, als sie dem Drängen der srilankischen Regierung nachgab und die LTTE als terroristische Organisation brandmarkte. Rajapakse bekam damit grünes Licht für seinen Feldzug, der ebenso brutal wie erfolgreich war.

Tamilen als Menschen 2. Klasse

Rajapakses Regierung wird einige Zeit unter internationaler Beobachtung stehen. Das Drängen der Völkergemeinschaft, mögliche Kriegsverbrechen zu untersuchen, wird aber wenig bewirken. Rajapakse lässt sich von der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit als siegreicher Kriegsherr feiern. In Sri Lanka selbst gibt es kaum kritische Stimmen, die fragen, ob die Mittel den Zweck heiligen und ob man auf der Vernichtung des Gegners eine Gesellschaft aufbauen kann, in der Angehörige der Minderheiten nicht anders als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Zu viele Kritiker wurden in den letzten Jahren ins Exil gezwungen oder ermordet.

Rajapakse hat in seiner Ansprache, in der er das Ende des Krieges verkündete, mit ein paar tamilischen Sätzen ein Signal an die Minderheit ausgesandt. Wenig später verwehrte er jedoch Abgeordneten der tamilischen Partei TNA einen Termin mit dem UNO-Generalsekretär. Ein Zeichen, dass die zivile tamilische Vertretung nicht ernstgenommen wird. Erst der bewaffnete Kampf hat ja die Anliegen der Tamilen, die durch Gesetz und tägliche Verwaltungspraxis diskriminiert werden, auf die Agenda gebracht.

Die erste Probe, ob sich der Präsident vom Kriegsherrn zum Politiker wandelt, steht bevor. In den tamilischen Gebieten an der Ostküste wollen sich die im Untergrund agierenden LTTE-Kader ergeben, wenn ihnen freies Geleit zugesichert wird. Ein Land, das sie aufnehmen würde, hat sich schon gefunden. Der Traum von Tamil Eelam, dem unabhängigen Tamilenstaat, wird dann nur mehr in der Diaspora, von mehr als einer Million über alle Welt verstreuter Exiltamilen geträumt werden.

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