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Mißtrauischer FLN

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Der Doppelsinn dieses Konzepts belastet natürlich die Geheimverhandlungen mit dem FLN, der das Gefühl haben muß, die OAS werde als Erpressungsmittel gegen ihn ausgespielt. Frankreichs Verhandlungswille erscheint ihm fragwürdig, und das Mißtrauen mancher Mitglieder der provisorischen Regierung konzentriert sich vor allem auf jene kritische Übergangsperiode zwischen dem Waffenstillstand und der Wahl eines algerischen Parlaments, die die Rebellion um die Früchte ihrer Opfer zu bringen droht. Die FLN-Führer wissen genau: Ein Waffenstillstand zwischen dem FLN und Paris könnte die Waffen nicht zum Schweigen bringen, da die OAS ihren Terror verstärkt fortführen würde. Es erscheint ihnen ferner ausgeschlossen, daß die französische Armee zusammen mit dem FLN eine Rebellion der Europäer niederkämpfen werde; in einem solchen Falle wäre ja die Fünfte Republik im französischen Mutterland selbst bedroht. Damit stellt sich für den FLN heute die Frage: Ist de Gaulle überhaupt ein Verhandlungspartner? sehen einer Koalition mit dem FLN und einer Konspiration mit der OAS. Nur ein politisch Blinder könnte verkennen, daß die französische Algerienpolitik bis heute vor allen Dingen bestrebt war, sich beide Möglichkeiten offenzuhalten. In der Regierung finden jedenfalls beide — in Algerienminister Joxe einerseits und für Premierminister Debre anderseits — Befürworter und Unterstützung, ohne daß sich de Gaulle bis heute eindeutig für die eine oder andere entschieden hätte.

Es liegt darin eine kräftige Dosis Machiavellismus. Sie mag schockieren, aber sie erklärt die laue Bekämpfung der OAS, zu der die Niederknüppelung antifaschistischer Demonstrationen in krassem Gegensatz steht. Die sogenannte Bekämpfung des Kommunismus dient dabei bloß als Vorwand, um die politische Rechte bei der Stange zu halten — ein weiterer Wink für die OAS und gewisse Kreise der Armee.

Scheitern aber die Verhandlungen mit dem FLN, dann bleibt Paris keine andere Wahl, als sich mit der OAS einzulassen. Eine Versöhnung mit den europäischen Siedlern und der Armee käme dann in Reichweite. Doch was dann? Eine Teilung Algeriens oder abermals ein Versuch, eine „dritte“ Kraft zu schaffen? Auch dies würde die Fortsetzung des Krieges bedeuten.

Die Ausweglosigkeit charakterisiert denn im Augenblick die Krise Frankreichs. Drei Partner kämpfen um das Steuerruder eines Bootes, das den Strom der Zeit hinuntertreibt. Wohin?

„Eine Theologie des Friedens“

Seminar der Pax-Christi-Bewegung, H. H. Dr. Ambros Pfiffig, OPraem. Jeden zweiten Mittwochabend, beginnend mit 7. Februar, 18 Uhr, Wien I, Stephansplatz 3/III/60. Anmeldungen bis 31. Jänner an die Hauptarbeitsstelle der Pax-Christi-Bewegung. Wien I, Stephansplatz 3, Telephon 52 36 96.

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