Leidenschaft für die Juden

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Vorkämpfer der christlich-jüdischen Begegnung, Doyen der Judaistik in Europa: Kurt Schubert ist ein unermüdlicher Kämpfer geblieben.

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Vorkämpfer der christlich-jüdischen Begegnung, Doyen der Judaistik in Europa: Kurt Schubert ist ein unermüdlicher Kämpfer geblieben.

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Nur ganz wenige gab es in Wien, die sich in den Kriegsjahren mit dem Judentum auseinandersetzten oder auseinanderzusetzen wagten. Kurt Schuberts erstes Verdienst liegt darin, sich in einer Schweigezeit die Verfemtesten zum Thema zu machen: "Moses" war sein Spitzname unter den Freunden aus dem Kreis um die Seelsorger Karl Strobl und Otto Mauer, denen die Leidenschaft Schuberts für das Judentum bekannt war, aber vorerst oft fremd blieb.

Noch während der NS-Herrschaft (gegen die er auch im Widerstand aktiv war) studierte Kurt Schubert am Institut für altorientalische Philologie Hebräisch. Am 2. Mai 1945 - der Krieg war offiziell noch nicht beendet - begann er seine erste Universitätsvorlesung "Hebräisch für Anfänger".

Als Wien befreit war, begann Schubert unverzüglich, sich für den Aufbau der Universität, aber auch der katholischen Kirche zu engagieren. Verschiedene Gliederungen der Katholischen Aktion (Katholische Hochschuljugend, Katholischer Akademikerverband) wissen um sein Gründungsengagement.

Auf universitärem Boden war Schubert zunächst im Rahmen der Orientalistik als Judaist tätig. Durch seine Arbeit und seine Reputation gelang es ihm, in Wien den ersten Lehrstuhl für Judaistik im deutschen Sprachraum zu erreichen. Diesen Lehrstuhl hatte er bis zu seiner Emeritierung 1993 inne; zahlreiche bedeutende Judaisten sind seine Schüler. Schubert gehörte auch zu den ersten Interpreten der nach 1947 am Toten Meer entdeckten Schriftrollen von Qumran, seine wissenschaftlichen Arbeiten dazu sind heute noch anerkannt.

Seit seiner Studentenzeit gilt Schubert als engagierter Vorreiter des christlich-jüdischen Dialogs, er bemühte sich um eine authentische Darstellung des Judentums im christlichen Kontext, nicht zuletzt im christlichen Religionsunterricht. Er ist seit 1966 Präsident des Österreichischen Katholischen Bibelwerks, das er durch seine, von den jüdischen Wurzeln des Christentums ausgehende Sicht prägte. Auch die Gründung des Österreichischen Jüdischen Museums in Eisenstadt ist Kurt Schuberts Verdienst.

Noch im November 1997 nahm Schubert im Vatikan an jenem Expertenhearing teil, das Vorarbeiten zu einer päpstlichen Enzyklika über den Antijudaismus leistete. Das Papstschreiben wird für die kommenden Monate erwartet: Kurt Schubert gilt dabei als maßgeblicher Berater. Wiens Kardinal Schönborn, dem der christlich-jüdische Dialog ein großes Anliegen ist, greift ebenso auf Schuberts Autorität zurück, wie dies schon Vorvorgänger Kardinal König getan hatte.

Der Doyen der Judaistik in Europa, der Anfang März den 75. Geburtstag beging, gilt so auch heute noch als unermüdlicher Kämpfer für eine Begegnung mit dem Judentum.

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