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Das Rathaus bittet zur Kassa!

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Während diese Zeilen gesetzt und gedruckt wurden, begann dm Wiener Gemeindeamt die Debatte über das Budget für 1968; während Sie diesen Artikel lesen, sind wichtige Entscheidungen noch nicht gefallen. Die Entscheidungen, die gemeint sind, dürften der Wiener Bevölkerung keineswegs besonders angenehm sein — betreffen sie doch zum Teil sehr einschneidende Tariferhöhungen.

Die eine Tariferhöhung, die wohl jedem einzelnen Wiener Geld kosten wird, planen die Wasserwerke; die andere — lücklich, wer sie nicht seinen Enben spüren lassen muß ~ wird von der Städtischen Bestattung vorbereitet. In beiden Fällen argumentieren die zuständigen Beamten und Politiker damit, daß nur diese Tariferhöhungen Defizite verhindern oder zumindest verringern könnten.

In beiden Fällen jedoch scheinen die Tariferhöhungen wenn schon nicht zur Gänze vermeidbar, so doch im geplanten Umfang als ungerechtfertigt.

Wieviel Defizit ist echt?

Zu den traditionell defizitären Gemeindebetrieben gehören die Wiener Wasserwerke. Das wird — so suggeriert es der Budgetentwurf der Stadt Wien — trotz weiteren Tariferhöhungen auch 1968 so bleiben. Ist das richtig?

Zur Beantwortung dieser Frage hilft zunächst eine Übersicht über die Einnahmen- und Ausgabenen*-wicklurag in den letzten Jahren. Ein Vergleich zwischen den unter dem Titel „Wasserwerke — MA 31/BA VIII b“ vermerkten Einnahmen und Ausgaben ergibt — bei einfacher Gegenüberstellung — gewaltige De-

fizite. 1962 waren es 144 Millionen Schilling, 1963 waren es 160,67 Millionen Schilling, 1964 waren es 218,41 Millionen Schilling, 1965 sogar 227,74 Millionen Schilling und 1966 wurde mit 235,66 Millionen Schalung ein Rekord erreicht. Zur Ergänzung: Für 1967 (bevor eine radikale Gebührenerhöhung durchgeführt war) rechnete man mit knapp 200 Millionen Schilling Defizit; 1968 werden es (unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Gebührenerhebung) nur noch 128,582 Millionen Schilling sein.

Magistrat „zahlt“ an Magistrat

Werfen wir einen Blick awf jene Ausgaben, die das Defizit derart anschwellen lassen: Da befinden sich gewaltige Beträge für „Wertabschreibungen“. Wären die Wasserwerke ein Privatunternehmen, dann

wären diese Beträge sehr ernst zu nehmen. Aber es hat seinen guten Grund, daß nicht erst die Sozialisten dafür sorgten, daß die Wasserwerke kommunal werden: Sie sind ein Unternehmen, das im Interesse der Öffentlichkeit arbeitet. Wie ernst (oder unernst) die Wertebschrelbun-gen zu nehmen sind, zeigt ein anderer Posten des Wiener Budgets: Im Kapitel „Finanzwesen“ scheint Jahr für Jahr unter Rubrik 221/4 (Wertabs chreibungan) eine Einnahmepost über jeweils etliche hundert Millionen Schilling auf (für 1968 sind es 251,170.000). In dieser Einnahmepost werden jene Beträge ausbalanciert, die anderswo im Budget als „Wertabschreibung“ Ausgabenposten darstellen (für 1968 sind es bei den Wasserwerken 63,124.000 Schilling). Diese Vorgangsweise ist buchhalterisch korrekt, bringt jedoch — von einem Aufschwellen der gesamten Einnahme- und Ausgabebeträge des Budgets abgesehen — keinen Effekt. Es ist ein Buchungsvorgang, nachts weiter. Per Saldo kostet er der Gemeinde nichts, optisch allerdings erhöht er das Defizit der Wasserwerke.

Nicht genug damit, nehmen die Wasserwerke erfreulicherweise Jahr für Jahr große Ausgaben auf sich, um die Versorgung Wiens zu verbessern. Um nur drei Zahlen zu nennen: 1962 waren es 64,8 Millionen Schilling, 1966 waren es 124,23 Millionen Schilling und 1968 werden es 124,15 Millionen Schilling sein. Wohlgemerkt, diese Beträge sind zur Schaffung neuer Anlagen bestimmt. Man gibt aus, aber im gleichen Maß steigt auch der Gesamtwert der Wasserwerke. Denn die erwähnten Beträge (unter „Bauliche Herstellungen“ im Budget aufgezählt) haben nichts mit den Kosten von Ausbes-serungs- oder Erhaltungsarbeiten zu tun — die ja notwendigerweise getragen werden, um eine Wertuer-minderung zu verhindern.

Wer Wasser trinkt, kauft Grundstücke

Den Gesamtwert der Wasserwerke erhöhen aber auch andere Ausgaben, die zum steigenden Defizit beitragen: Jene, die für „Grunderwerfo“, also für die Ausdehnung des wasserwerklichen Grundbesitzes in den Quellschutzgebieten, bestimmt sind. Immerhin waren dies 1962 nur 320.000 Schilling, 1964 hingegen 16,236.000 Schilling. 1968 werden es 5,000.000 Schilling sein.

Zieht man vom offiziell vermeldeten Defizit jene Beträge ab, die als ,,Werfveiiminiderung“ magistratsintern umgebucht, aber nicht tatsächlich ausgegeben werden, zieht man weiter die Ausgaben für wertvermehrende Maßnahmen („Bauliche Herstellungen“* und „Grund-ankäufe“ ab), so schmilzt das tatsächliche Defizit — und damit das Alibi für Erhöhungen der Wassertarife — kräftig zusammen.

Wie sehen nun die tatsächlichen Defizite aus? 27,63 Millionen Schil-

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