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"Das Geheimnis der Beliebtheit

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Im Zuge der Betrachtung besonderer Verkaufserfolge einzelner Automobilmarken wollen wir uns heute Daimler-Benz zuwenden.

Diese deutsche Automobilfabrik in Stuttgart gehört nicht bloß zu den ältesten Produktionsstätten, sie setzt sich vielmehr direkt aus den beiden ältesten Automobilfabriken der Welt zusammen: Daimler und Benz. Interessanterweise haben sowohl Gottlieb Daimler als auch Karl Benz zu fast gleicher Zeit in nächster Umgebung von Stuttgart, jeder für sich und unabhängig voneinander, ja sogar ohne einander persönlich überhaupt zu kennen, in den Jahren 1885 bzw. 1886 begonnen. Automobile zu bauen. Bei Benz waren es vor allem die Fahrgestelle, bei Daimler die Motoren, die die brauchbarsten Konstruktionselemente darstellten. Ein entscheidender Mitarbeiter Gottlieb Daimlers war der Konstrukteur Maybach, der später selbständig ebenfalls zu großen Erfolgen gelangte. Ein weiterer Name darf hier nicht vergessen werden: der des ehemaligen österreichischen Generalkonsuls von Nizza, Emil J e 11 i- n e k, der vor der Jahrhundertwende als Privatmann die damals noch mehr oder weniger motorisierten Pferdekutschen Daimlers zu den Mercedes-Wagen gemacht hat, die dann von Rennsieg zu Rennsieg rasten. Als Anerkennung für seine Leistungen und Verdienste wurden die durch ihn inspirierten Fahrzeuge nach dem Namen seiner Tochter „M ercedes" genannt.

Schon als Daimler und Benz noch getrennt ihre Fahrzeuge bauten, gehörten die Wagen zu den besten internationalen Erzeugnissen ihrer Zeit. Nach dem Zusammenschluß im Jahre 1926 konnte die Qualität der Fahrzeuge bis auf den heutigen Tag noch weiter ausgebaut werden. Man kann mit Fug und Recht behaupten, daß diese Erzeugnisse von Anbeginn unter einem glücklichen Stern standen.

Wesentlich zur Popularität der Marke „Mercedes“ trugen die enorm vielen Rennerfolge bei. Bereits vor 1900 waren diese Fahrzeuge erfolgreich an Sport- und Rennveranstaltungen beteiligt und blieben es, mit Unterbrechung durch die beiden Weltkriege, bis 1955: bis zur Katastrophe von Le Mans. Damals entschloß sich Daimler-Benz, offiziell aus dem internationalen Rennsport auszuscheiden. Und dies nicht etwa aus finanziellen Schwierigkeiten oder gar wegen sportlicher Mißerfolge, sondern, wie offiziell bekanntgegeben wurde, um die in der Rennabteilung blockierten Spezialisten für die normale Produktion freizubekommen. Eine Begründung, die einleuchtet, wenn man den akuten Facharbeitermangel in Deutschland kennt. Darüber hinaus aber hat, wie wir meinen, die Daimler-Benz AG. erkannt, daß sich die Geschwindigkeiten von Rennfahrzeugen kaum noch erfolgreich steigern lassen. Und zwar nicht etwa deshalb, weil man sie nicht noch schneller machen könnte; vielmehr gibt es kaum noch Rennfahrer, die diese Fahrzeuge dann auch richtig und mit Erfolg fahren können, ohne das Risiko schwerer Unfälle auf die Spitze zu treiben. Gerade in der heutigen Zeit kann man von einer Popularisierung eines Fahrzeuges nicht mehr sprechen, wenn der Prozentsatz der Unfälle bei diesen Rennveranstaltungen zu stark ansteigt. Dies und die immerhin beträchtlichen Geldmittel, die zur Erhaltung eines Rennstalles erforderlich sind, müssen für das Ausscheiden von Mercedes aus dem internationalen Rennsport über den offiziell angeführten Grund hinaus maßgebend gewesen sein. Außerdem hat man bei Daimler-Benz schon seit langem die Erkenntnis gewonnen, daß aus dem Rennwagenbau kaum noch rentable Erkenntnisse für den praktischen Kraftfahrzeugbau geholt werden können. Man beendete die Renntätigkeit zu einem Zeitpunkt, als Mercedes größte Rennerfolge auf der ganzen Welt buchen konnte, der also für ein

Ausscheiden besser nicht gewählt werden konnte.

Aus der fast siebzigjährigen Renntätigkeit dieser Firma läßt sich wohl noch eine ganze Reihe von Jahren nutzbringendes Werbekapital schlagen, so daß also Rennveranstaltungen effektiv im Augenblick nicht unbedingt beschickt werden müssen.

Die Beliebtheit des „Mercedes“ hat ihre Gründe in einer Reihe von Momenten, die eigentlich allgemein bekannt sind. Bei dieser Marke paart sich größte Solidität in der Fertigung mit großer Verkehrssicherheit und hohem Komfort, hinter denen ein gesunder Konservativismus steht. Alles zusammen wirkt jedoch in keiner Weise unmodern, sondern stellt stets eine ideale Mittellösung zwischen modern und konservativ dar. Der seit Beginn der Kraftfahrt bekannte Name dieser Erzeugnisse ist ein weiterer Anreiz zum Kauf.

Kurz nach Weihnachten vergangenen Jahres eröffnete die Wiener Generalvertretung ein neues Ringlokal in Wien, Ecke Operngasse. Man war auch hier bestrebt, der Daimler-Benz-Tradition weitestgehend treu zu bleiben und trotz moderner Ausgestaltung nicht über das Ziel hinauszuschießen. Wir müssen an dieser Stelle feststellen, daß es gelang, mit diesem Lokal den richtigen Rahmen für die Erzeugnisse dieser Firma zu schaffen. Wie wir von dem alten Rennstrategen von Daimler-Benz, Oberingenieur Neubauer, einem Oester- reicher, anläßlich der Eröffnung erfahren konnten, gehört dieses Lokal zu den schönsten Daimler-Benz-Verkaufsstellen auf der ganzen Welt, wenn es nicht, wie er sich ausdrückte, überhaupt die schönste Repräsentanz ist.

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