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Jubilaumsgeschenke von Daimler

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Anläßlich des 75jährigen Bestandes der Daimler-Benz AG. kommt dieses Werk mit neuen Typen und Verbesserungen heraus, die teilweise ausgesprochen beachtlich sind. Das neue Pkw.- Programm wird innerhalb der heuer wieder stattfindenden Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt erstmals dem Publikum vorgeführt werden, erfuhr aber bereits relativ lange Zeit vorher eine entsprechende Erläuterung in Wort und Bild, eine Erscheinung, die im Gegensatz zu früheren Gepflogenheiten der Automobil industrie steht, da bisher vor einem Salon über neue Typen strengstes Stillschweigen geübt wurde. Abgesehen davon aber, daß die Berichterstattung über Neuerungen innerhalb der Autoindustrie anläßlich großer Fahrzeugschauen im einzelnen meist nicht jene Ausführlichkeit aufweisen kann wie vorher, erscheint es auch allein vom betriebs- und verkaufstechnischen Standpunkt aus betrachtet als günstiger, neue und verbesserte Typen bereits zu einem früheren Zeitpunkt bekanntzugeben, da dann, besonders vor den Betriebsferien, die in gToßen Unternehmungen stets zu einer Schließung des Werkes führen, alte Typen besser auslaufen beziehungsweise neue auf günstigere Weise vorbereitet werden können. Dies bezieht sich nicht nur auf die Erzeugung allein, sondern auch auf den Verkaufsapparat, der ja meist weitläufig und daher nicht so ohne weiteres in genügendem Ausmaß bereits vorzeitig mit Lagerware zu versehen ist. Sobald nun Daimler-Benz die neuen und verbesserten Modelle in Frankfurt vorstellt, kann auch schon mit einem realen Publikumsinteresse gerechnet werden, das nicht nur die Novität bestaunt.

Mit Sensationen wartet Daimler-Benz auch heuer wieder nicht auf, was jedoch eigentlich nur zu begrüßen ist. Es wurde vielmehr zähe Entwicklungsarbeit geleistet, die um so beachtlicher ist. Echte Weiterentwicklung, wie sie Daimler-Benz heuer wieder einmal zeigen wird, bringt echten Fortschritt, erhöhte Wirtschaftlichkeit, noch mehr Fahrkomfort, Verbesserung der Sichtverhältnisse usw. Im Gegensatz zu so mancher „Sensation" auf dem Automarkt, die sich mit der Zeit keineswegs als solche erwiesen hat, kann hier der vom Werk angegebene Fortschritt bei diesem oder jenem Modell von vornherein als Realität angenommen werden und muß nicht erst zu einem großen Teil auf das Gebiet mehr oder weniger billiger Effekthascherei aus Gründen der Reklame verwiesen werden. Dazu kommt bei Daimler-Benz noch, daß dieses Werk stets darum bemüht war, nur wirklich ausgereifte Konstruktionen beziehungsweise konstruktive Verbesserungen in Serie gehen zu lassen.

Als interessanteste Novität des neuen Mer- cedes-Benz-Pkw.-Programms für 1962 muß der neue Typ 300 SE angesprochen werden, den das Werk sicher nicht zu unrecht „eine Spitzenleistung im Automobilbau“ nennt. „Jetzt unterstreicht ein neues Spitzenmodell, der Mercedes- Benz 300 SE, das Bemühen der ältesten Automobilfabrik der Welt, zwar nicht nit Rekorden in produzierten Stückzahlen zu glänzen, dafür aber Fahrzeuge einer optimalen Kombination von Fahrsicherheit, Fahrkomfort, Fahrleistung und Stil herauszubringen.“

Bei diesem neuen, großen Wagen handelt es sich um einen Reisewagen, der bei geringster Anstrengung und Ermüdung die Zurücklegung großer Reisestrecken ermöglicht. Innerhalb der Versuchsarbeit wurden nicht weniger als drei Millionen Fahrkilometer zurückgelegt. Das neue Modell wurde mit etlichen technischen Entwicklungen des Werkes ausgestattet. Um ausreichend Fahrgast- und Kofferraum zur Verfügung zu haben und in den Ausmaßen den modernen Verkehrsbedingungen zu entsprechen, wurde für das neue Modell die gestreckte Grundform der 220er-Baureihe beibehalten, jedoch wurde durch Verwendung von Chromschmuck ein abgewandeltes Äußeres, durch besonders kultivierte Innenausstattung diesbezüglich optisch eine besondere Note erreicht.

Dieses große, repräsentative Reisefahrzeug weist fünf Neuerungen auf, und zwar vor allem einen Sechszylinder-Leichtmetall-Einspritzmotor mit drei Liter Inhalt, ein neues automatisches Daimler-Benz-Getriebe, eine neue Servolenkung sowie eine neue Luftfederung und schließlich Scheibenbremsen an allen vier Rädern.

Der wassergekühlte Drei-Liter-Einspritzmotor (2996 ccm) mit konstruktiv weiterentwickelter Regelung besitzt eine Leistung von 160 PS bei 5000 U/min. Der Leichtmetall-Motorblock wurde auf Grund der mit dem 300-SLR-Rennsport- wagen gesammelten Erfahrungen der Firma entwickelt. Seine besonderen Vorteile sind gingeres Gewicht und bessere Wärmeableitung, die wieder eine höhere Verdichtung gestattet. Nicht weniger interessant ist aber auch das neue auntoma- tische Daimler-Benz-Getriebe. Diese auf europäische Fahrverhältnisse abgestimmte hydraulische Kupplung mit nachgeschaltetem Viergang-Planetenmotor erlaubt die bestmögliche Ausnutzung der Motorleistung und macht das Kupplungspedal überflüssig. Vier Wählhebeleinstellungen ermöglichen trotzdem eine individuelle Beeinflussung der Automatik durch den Fahrer.

Darüber hinaus ist auch die neue Servolenkung eine firmeneigene Entwicklung. Sie wird als sehr empfindliches Aggregat bezeichnet, das jeder Bewegung des Lenkrades mühelos folgt. Beim Parken erweist es sich leichtgängig, bietet aber zugleich volle Sicherheit beim Schnellfahren. Diese Servolenkung wird nicht nur in den neuen 300 SE serienmäßig eingebaut, sondern kann auch auf Wunsch in den vier Typen der 220er-Baureihe verwendet werden. Die neue Daimler-Benz-Luftfederung hält das Fahrzeug, unabhängig von der Belastung, in stets gleichem Abstand von der Fahrbahnoberfläche. Es soll sich hier um eine sehr weiche Federung handeln, die gleichzeitig die Straßenlage weiter verbessert. Die Luftbälge isolieren zugleich alle von der Fahrbahn kommenden Geräusche. Drei Regulierventile korrigieren die Lage des Fahrzeuges um Quer- und Längsachse.

An neuen Typen wartet Daimler-Benz aber auch mit einem 190 sowie 190 D auf, deren Karosserie und Fahrwerk der 220er-Baureihe entspricht und auch den gleichen Innenraum für Fahrgäste sowie Gepäck aufweist. Jedoch weisen sie eine kürzere Motorhaube und runde Scheinwerfer auf. Der Typ 190 wurde mit einem Vierzylinder-Vergaser-Motor mit weiterentwik- kelter Ventilsteuerung ausgestattet, wobei die Leistung mit 80 PS gleichblieb. Die Verdichtung wurde jedoch von 8,5 auf 8,7:1 erhöht. Beim neuen 190 D gelangt ein stärkerer Dieselmotor mit obenliegender Nockenwelle zur Verwendung, der einen Inhalt von zwei Liter aufweist. Das größte Hubvolumen ergibt zusammen mit der neuen Nockenwelle und einer neuen Einspritzpumpeneinstellung eine Höchstleistung von 55 PS bei 4200 U/min.

Verbessert wurden die Typen 180 und 180 D. Bei ihnen blieb das Äußere wohl unverändert, jedoch wurde der 68-PS-Vierzylinder-Motor des 180er-Modells durch eine neue Ventilsteuerung und eine neue Nockenwelle noch drehzahl- sicherer. Außerdem wird betont, daß dieser Wagen mit Normalbenzin gefahren werden kann. Das Modell 180 D wurde mit einem neuen Dieselmotor mit obenliegender Nockenwelle ausgestattet. Der Zwei-Liter-Diesel weist eine Leistung von 48 PS bei 3800 U/min auf. Dieser Wagen wird als der wirtschaftlichste des gesamten Daimler-Benz-Pkw.-Programms bezeichnet, da er auf 100 km nur 7,1 Liter Dieselöl benötigt.

Mit diesen umfangreichen Neu- und Weiterentwicklungen hat Daimler-Benz seinen guten Ruf als älteste Automobilfabrik, die auch nach einem dreiviertel Jahrhundert noch gute deutsche Werkmannsarbeit leistet, neuerlich bekräftigt. Im Gegensatz dazu wird heute in unserem Nachbarland von mehreren Industrieunternehmungen zwar immer wieder auf diese Qualitätsbezeichnung hingewiesen, jedoch nur wenig dazu getan, sie auch unter Beweis zu stellen.

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