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Nächstenliebe zwischen Christen und Haider

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Als seinerzeit ein Schriftgelehrter von Jesus wissen wollte, wer sein „Nächster” sei, da hat ihm dieser mit einer Geschichte geantwortet.

.Wenn Jesus heute von Jörg Haider gefragt wird, wer anno Domini 1997 sein Nächster sei, erzählt er ihm natürlich auch eine Geschichte.

„Stellen Sie sich vor, Herr Parteiobmann, Sie haben auf der Autobahn einen Unfall und liegen schwerverletzt am Straßenrand.

Da fährt ein blaues Parteimitglied vorbei, aber der schaut nur geradeaus und sieht Sie gar nicht.

Nach kurzer Zeit braust einer Ihrer vertrauten Parteikollegen daher, aber der bemerkt sie schon gar. nicht, weil er mit seinem Mercedes so schnell unterwegs ist.

Es vergeht einige Zeit - da nähert sich ein bosnischer Asylant in einem alten Lieferwagen. Zum Unterschied von den beiden anderen sieht Sie der gleich und bleibt stehen - und leistet Erste Hilfe und verständigt Rettung und Polizei.

Wer von den drei Männern ist jetzt ihr ,Nächster' geworden?” Natürlich hat der blaue Parteichef den Bosnier genannt: zwar dankbar, aber verärgert.

Was nützt einem schon ein Slogan wie „Österreich zuerst ist Nächstenliebe”, wenn sie einen hilflos liegenlassen.

Wer kann schon die ganze Welt umarmen, aber der Witz der jesua-nischen Definition ist eben, daß der Allernächste oft von sehr weit her kommt.

Auch der „barmherzige Samariter” in der Bibel war ja nicht nur hilfsbereit, sondern ein verachteter

Mann, dem die Einheimischen nichts Gutes zugetraut haben.

Was also Jesus begreifbar machen wollte: „Nächstenliebe” ist immer ärgerlich und politisch. Jesu Kurzdefinition lautet bekanntlich „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.”

Und Nestroy kommentiert theologisch korrekt: „Die Nächstenlieb' fangt bei ein'm selber an.”

Aber sie hört eben nicht bei ein'm selber und Seinesgleichen auf.

Das ist christlich.

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