Der stille Star vom Heiligenstein

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Willi Bründlmayer, einer der heimischen Spitzenwinzer, dessen Name mit dem „österreichischen Weinwunder“ untrennbar verbunden ist, im Gespräch über Wein und Wirtschaftskrise, Wünsche an Handel und Gastronomie – sowie die nötige Rückkehr zur Einfachheit.

Mitte September holt die Sonne gnädig nach, was sie an so manchen Sommertagen verabsäumt hat. Wir sitzen im Innenhof des Heurigenhofes Bründlmayer zu Langenlois. Aufgestrickte Hemdsärmel sind das einzige Zugeständnis an die herrschenden Temperaturen. Willi Bründlmayer trägt Sakko, Jeans – und gibt sich wie immer ruhig und bescheiden. Dabei hätte der Winzerstar in den besten Jahren (Jahrgang 1952) alle möglichen Gründe, die Nase ganz hoch zu tragen. Als Österreich Mitte der 80er Jahre im tiefsten Pantscherkeller hockte, war es ein Chardonnay des Hauses Bründlmayer, der die hoch reputierte weltweite Konkurrenz in die Schranken verwies. Das englische Fachmagazin Decanter nominierte die 50 wichtigsten innovativen Wein-Persönlichkeiten – der Langenloiser war mit von der Partie. Zum sechsten Mal hat das renommierte Wine & Spirits-Magazin das Weingut in die Liste der 100 Weltbesten aufgenommen. Seit es nationale Rankings gibt, zählt Bründlmayer zu dem elitären halben Dutzend an der Spitze. Natürlich hilft auch das „B“, dass das Weingut immer an die erste Stelle gesetzt wird – aber wer sonst liefert schon absolute Topqualitäten in weiß, rot, süß und prickelnd („mit einem der besten Sekte im deutschen Sprachraum“ – Stuart Pigott in „Wein spricht Deutsch“)?

Die Furche: Der 2009er scheint ein gutes Jahr zu werden. Mit höheren Preisen als 2008?

Willi Bründlmayer: Die Wirtschaftskrise ist noch nicht vorbei. Ich werde mein Preislimit bei rund 30 Euro einziehen. Österreich ist bei den Spitzenweinen noch sehr günstig, was fehlt, ist die Präsenz von gereiften Exemplaren. Ich halte z. B. vom Grünen Veltliner und Riesling „Alte Rebe“ jeweils zehn Prozent zurück. Weinliebhaber sollten ihre Schätze allerdings nicht zu Tode lieben. Nach der ersten Fruchtphase (ca. drei Jahre nach der Ernte) sind die meisten Weine ideale Essenspartner, nach sechs, sieben Jahren in optimaler Trinkreife.

Die Furche: Alle reden vom Wetter …

Bründlmayer: Alle Voraussagen haben sich bewahrheitet, die Erwärmung ist schneller eingetreten als erwartet. Das zeigt sich besonders im Frühjahr und Herbst: wenn ’s regnet, dann Riesenmengen, wenn ’s trocken ist, dann gleich wochenlang. Ich sehe da eine dramatische Verschärfung der meteorologischen Unregelmäßigkeiten. Moderater Stress stärkt, analog zum Menschen, die Rebe. Eine geeignete Gegenmaßnahme ist etwa die Begrünung mit Leguminosen und Klee. Das hilft auch den hervorragenden Mitarbeitern im Weingarten, den Regenwürmern, auf die Sprünge. Und dann wären noch die richtigen Maßnahmen an der Laubwand durchzuführen.

Die Furche: Höre ich da „grün“ und „nachhaltig“ heraus?

Bründlmayer: Selbstverständlich. Österreich hat mit der ÖPUL (Österreichisches Programm zur Förderung einer umweltgerechten Landwirtschaft; Anm.) ein weltweit einzigartiges Projekt auf die Beine gestellt. Ich selbst habe Anfang der 80er Jahre ganze sieben Hektar biodynamisch bearbeitet, führe mittlerweile eine zertifizierte umweltgerechte Landwirtschaft. Ich will meinen Kindern und Enkeln gesunde Böden hinterlassen und genau die Technik, die man braucht, um wieder einfacher zu werden.

Die Furche: Wie sieht es mit Wein im Lebensmittelhandel und in der Gastronomie aus?

Bründlmayer: In Frankreich, Italien oder Spanien findet man auch Spitzengewächse in den Regalen. In Österreich sind wir noch nicht ganz so weit. Ich bin im Handel stark vertreten, allerdings mit einer eigenen Linie. Natürlich auch mit meinen besten Weinen. Wer Qualität will, bekommt sie auch. Ich bin auch sehr froh, dass es Billigwein gibt. Aber der muss gut sein, muss echter Wein sein – und da sehe ich durchaus Fortschritte. Man darf da auch nicht chauvinistisch denken: Je mehr Weinvielfalt, desto besser. Dazu kommt: Wein-Fakes sind heutzutage leicht auszumachen, die Informationslage war noch nie so gut. In diese Kerbe schlägt übrigens auch die Académie Internationale du Vin, deren Vorstandsmitglied ich schon seit längerer Zeit bin. Unser momentanes Ziel ist es u. a., dass traditionell erzeugter Wein zum Weltkulturerbe erklärt wird. Von der Gastronomie würde ich mir wünschen, dass man die Essenspreise anhebt, im Gegenzug aber die Weinpreise senkt.

Die Furche: Die News zum Schluss?

Bründlmayer: Nr. 1: Österreich bekanntester Rebenforscher Ferdinand Regner hat am Heiligenstein eine unbekannte Sorte entdeckt, deren DNA nicht zuordenbar ist. Von diesem „Findling“ werden wir heuer Reben vermehren und, so Gott will, in zehn Jahren ein erstes 300-Liter-Fass füllen. Nr. 2: Bründlmayer trinkt man zum Essen.

Was wir sofort in die Praxis umsetzen. Martin Schierhuber und Markus Becker, das neue Team des Heurigenhofs, kochen großartig auf: Zwiebelkuchen, Zander mit Senfbutter, Kalbsrücken mit Eierschwammerln, Beiried vom Waldviertler Limousin-Rind, Schokomousse mit Himbeersorbet. Und dazu die großen Weine des Willi B. – das Leben kann ganz schön schön sein!

Heurigenhof Bründlmayer

Walterstraße 14, 3550 Langenlois

www.heurigenhof.at

Weingut Willi Bründlmayer

Zwettler Str. 23, 3550 Langenlois

www.bruendlmayer.at

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