Die neue Internationale des Terrors

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Die Frankfurter Allgemeine über den sich ausbreitenden Einfluss radikaler Islamisten und wie die Staatengemeinschaft darauf reagieren sollte.

Wenn es um den radikalen Islamismus auf afrikanischem Boden geht, fällt der Blick zunächst auf Somalia und die Miliz al Shabaab, die das Land am Horn in einen Gottesstaat verwandeln will. Aber Somalia ist nur ein Land unter vielen, in dem die Radikalen Fuß gefasst haben.

Ihre Einflusszone erstreckt sich wie ein Riegel von Mauretanien am Atlantik quer durch den Sahel und Sudan bis nach Mogadischu am Indischen Ozean. Das Zentrum dieser unheilvollen Entwicklung ist Mali. Der Norden des Landes ist seit nunmehr fast einem halben Jahr fest in der Hand einer Gruppe namens Ansar Din, die eine enge Kooperation mit der Terrorgruppe "Al Qaida im islamischen Maghreb“ (Aqim) eingegangen ist. Diese Terroristen bewegen sich nahezu ungehindert durch die Sahara, sie reisen nach Niger, Tschad, Algerien, Mauretanien und bis in die nördlichen Bundesstaaten von Nigeria. Es gibt zahlreiche Hinweise auf Kontakte zwischen den Terroristen im Sahel, der radikalen Sekte Boko Haram in Nigeria und der Al-Shabaab-Miliz in Somalia. Von Ausbildungszentren in Mali und in Niger ist die Rede. Die wenigen, ausnahmslos muslimischen Journalisten, die bis in die malischen Hochburgen der Radikalen in Gao und Kidal vorstoßen konnten, berichten von einer neuen Internationalen des Terrors, in der sich Nigerianer, Ivorer, Tschader, Guineer und Algerier zusammenfinden.

Somalia und seine Freiheit

In Somalia ist es nur aufgrund massiven militärischen Engagements der Afrikanischen Union gelungen, zumindest die Hauptstadt Mogadischu von den Radikalen zu befreien. In dieser Woche soll das somalische Parlament einen neuen Präsidenten wählen, und das auf Grundlage einer neuen Verfassung, die sich ausdrücklich zu einem Mehrparteiensystem und einem moderaten Islam bekennt. Ob sich das Schicksal dieses Landes deshalb zum Guten wenden wird, bleibt angesichts der bisherigen Erfahrungen mit dem politischen Personal Somalias abzuwarten. Gleichwohl wäre diese Entwicklung, die den Moderaten im Land den langersehnten Auftrieb gibt, ohne die Amisom genannte EU-Eingreiftruppe nicht möglich gewesen.

Einen Flächenbrand verhindern

Um einen Flächenbrand zu verhindern, wäre es folglich nur logisch, das Rezept aus Somalia auf Mali zu übertragen. Selbst kann sich das Land derzeit nicht helfen. Mali hat einen Militärputsch hinter sich, die hastig eingesetzte Übergangsregierung ist kaum handlungsfähig. Der Westen aber empfiehlt den Afrikanern, dieses Problem selbst zu lösen - ganz so, als wären die Afrikaner das Ziel der Bärtigen und nicht der Westen.

Die westafrikanische Wirtschafts- und Währungsunion (Ecowas) hat unter Führung des ivorischen Präsidenten Ouattara (eines Muslims) in den zurückliegenden Monaten mehrfach versucht, dem UN-Sicherheitsrat eine Resolution für ein militärisches Eingreifen im Norden Malis zu entlocken. Bislang wurde noch jeder Antrag abschlägig beantwortet, womit sich die Frage stellt, warum für Mali nicht gelten soll, was in Somalia gängige Währung ist. Die Antwort heißt Geld. Westafrika ist zwar gewillt, in Mali einzugreifen, hat aber weder das Geld noch die Ausrüstung für eine derartige Mission. Beides müsste von Europa und den USA finanziert werden. Doch die zieren sich angesichts von Wahlkämpfen, Euro-Krise und Arbeitslosigkeit daheim. Dabei ist diese Rechnung ganz einfach. Um wie viel teurer wird es für die westliche Welt sein, wenn sie weiter untätig zuschaut, wie sich die Radikalen am südlichen Rand des Mittelmeeres breitmachen?

Aus Frankfurter Allgemeine, 21. August 2012

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