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Angst vor dem schwarzen Mann

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Diese unselige Konstellation von Klassenschichtung und Rassenhaß beruht auf wirtschaftlichen, psychologischen und kulturellen Gegebenheiten. Es mag sein, daß d,e Spannungen zwischen armen Weißen und irmen Negern die Zusammenarbeit gegen den „Klassenfeind“ erschweren, wie die Marxisten es behaupten. Doch verursachen diese Spannungen auch der „Bourgeoisie“ große Unkosten. So hemmt die Rassentrennung d’e Ausbildung geschulter Arbeitskräfte, deren der Süden bedarf, und erhöht die Kosten für Schulwesen und Verwaltung und damit die Steuern, die vor allem von den Wohlhabenderen gezahlt werden. Außerdem haben diese Interesse an der Erhaltung von Ruhe und Ordnung Unternehmungen aller Art, von Warenhäusern bis zu AutobusgeselLchaften, waren stets bereit, die Rassentrennung um des lieben Friedens willen aufzuheben, sobald Ruhe und Ordnung in Frage gestellt waren. Aber die unteren Schichten der We!?ea sehen in den Negern Konkurrenten um ihre Arbeitsplätze und eine Bedrohung ihrer „sozialen Stellung . Deshalb kommen aus diesen Schichten die kompromißlosen Vec‘echter der weißen Privilegien.

Diese verächtlich gern auch „poor white trash“ (armer weißer Abfall) genannte Schicht hat außer ihrer Hautfarbe nichts, worauf sie stolz sein kann, und außer den Negern nichts, worauf sie herunterschauen kann. Wirtschaftliche und bildungsmäßige „Sanierung“ dieses riesigen weißen Slums würde also auch für die Neger eine Erlösung bedeuten. Weiße, deren soziale Stellung auf ihrer Bil dung beruht, fühlen sich in ihrer Stellung eher dann bedroht, wenn Negern gleicher Bildungsstufe nicht der gleiche Respekt gezollt wird.

Aber die wirtschaftlichen und psychologischen Motivierungen des Rassenhasses in den Südstaaten sind des öfteren beobachtet worden. Kaum bemerkt wurde jedoch das Phänomen, daß der Zusammenhang zwischen

Klassenschichtung und Rassenhaß auch in Unterschieden der Familien- Struktur begründet ist. Unter der weißen Bevölkerung wird diese um so patriarchalischer, je weiter man auf der sozialen Stufenleiter hinuntersteigt, während die oberen Schichten durch Gleichberechtigung der Geschlechter charakterisiert sind. Bei den Negern dagegen wird die Struktur der Familie in den unteren Schichten matriarchalisch. Dies wurde von Anthropologen mit dem Hinweis auf das Matriarchat in vielen afrikanischen Stämmen erklärt, scheint jedoch auch durch die Situation der Neger in der Sklaverei begründet, wo der „pater familias“ kaum die männliche Rolle des Beschützers und Erhalters spielen konnte. Während in den unteren Schichten auch heute noch die Frau die Familie Zusammenhalt, spielt in den mittleren und oberen Schichten der Fanrlienvatci die gleiche Rolle wie bei den Weißen der gleichen Gesellschaftsschichte.

In Anbetracht der Bedeutung dei Familienstruktur für die Entwicklung der Persönlichkeit scheint hier ine weitere wichtige Ursache dafür zt liegen, daß das weiße Proletariat der Negern viel ablehnender gegenübersteht als der weiße Mittelstand.

Dazu kommt als Folge der Promiskuität in den unteren Schichten, daf die armen Weißen außereheliche Beziehungen ihrer Frauen zu Negern befürchten, sobald die Rassenschrankt fällt. Die Männer des Mittelstandes brauchen auf Grund der ihrem Stand eigenen puritanischen Moral solche Befürchtungen kaum zu hegen.

Die Neger in den amerikanischer Südstaaten werden trotzdem eines Tages die Vollbürgerschaft auch praktisch erkämpft haben.

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