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Grundsätze werden ausgewertet

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1831 erinnert man sich nun plötzlich wieder des vergessenen Generals, und Kaiser Franz ernennt ihn zum Adlatus des Generals Frimont, des kommandierenden Generals im lobardo-venezianischen Königreich. Überraschend schnell folgt Radetzky an seine Stelle, als Frimont nach Wien als Präsident des Hofkriegsrates berufen wird. Interessant ist die Tatsache, daß Erzherzog Karl, zu dieser Zeit ohne den geringsten tatsächlichen Einfluß, sich über die Ernennung Radetzkys äußerst unbefriedigt zeigt. Freiherr von Kübeck vermerkt in seinem Tagebuch, daß der „geschwätzige“ und „in seinen Ansichten so bewegliche“ Radetzky da sei. Er und der ihm beigegebene

Oberst ‘ Heß machten den „Narren“ komplett. Der neue 65jährige kommandierende General entfaltet ein reges Wirken und formt die Truppen durch eine ordentliche Ausbildung zu einem festen Ganzen. Nie übermäßig hart und jeder unnötigen Plackerei abhold, gewöhnt er die Truppe an das Lagerleben, größere Märsche und Anstrengungen. Die Manöver arbeitet er genau aus, und er läßt sie — das ist das Novum in Europa — unter völlig kriegsmäßigen Bedingungen abrollen. Die Militärs aus vielen Ländern sind erpicht, daran teilzunehmen und dabei zu lernen. Die in langer Lebenserfahrung gereiften Instruktionen für die kriegsmäßige Ausbildung des Heeres werden nun veröffentlicht. Er hat es jetzt in der Hand, seine Grundsätze in die Tat umzusetzen.

1836 ernennt ihn Kaiser Ferdi nand I. zum Feldmarschall. Radetzky weiß, daß die österreichische Herrschaft in Italien auf schwachen Füßen steht, daß es einmal zur

Revolution und zum Kampf mit Pie- mont-Sardinien kommen muß. Er versteht die vielen Anzeichen richtig zu deuten, doch hat man in Wien für seine Vorstellungen nur taube Ohren. Ja sogar den genauen Termin weiß er; er warnt vor dem März 1848, „wenn bis dahin alles hält“. Wien tut nichts. Schon seit Beginn des Jahres gibt es Zwischenfälle, als die Italiener das österreichische Tabakmonopol boykottieren.

Der gefeierte Held

Am 18. März, wenige Tage nach dem Ausbruch der Revolution in Wien, ist auch in Mailand die Hölle losgebrochen. Nach fünf Tagen muß Radetzky die Hauptstadt preisgeben, die Piemontesen marschieren ein. Radetzky befindet sich in der Verteidigung. Am 6. Mai 1848 erringt er bei St. Lucia gegen eine bedeutende italienische Übermacht einen glänzenden Abwehrerfolg. Nun greifen die Österreicher bei Curtatone und Goito an, Vicenza fällt schon am 11. Juni. Nun geht es Schlag auf Schlag. Sona, Sommacampagna und Valleggio (22. bis 24. Juli) und schließlich Custoza am 25. Juli sind die Marksteine der Siege Radetzkys. Knapp vor Mailand stellt sich der Gegner noch einmal und weicht nach kurzem Kampf völlig aufgelöst zurück. Am 6. August zieht Radetzky wieder in die Kapitale des Königreiches ein. Die Verluste der Österreicher sind ausnehmend gering. Radetzkys Namen ist über Nacht in aller Munde. Wien verleiht ihm 1849 die Ehrenbürgerwürde, den Text der Urkunde verfaßt der Dichter Franz Grillparzer.

Der Krieg ist noch nicht zu Ende, noch einmal versucht König Karl Albert einen Waffengang. Doch nach hundert Stunden ist der Feldzug bereits wieder beendet. Der bei Mortara und Novara geschlagene König dankt zugunsten seines Sohnes Viktor Emanuel II. ab. Radetzky ist ein maßvoller Sieger, er versucht den neuen König für Österreich zu gewinnen.

Radetzky vereinigt nun die militärische und die z’vile Gewalt in seinen Händen. Die österreichische Verwaltung ist gerecht und doch milde, bemüht um die Hebung des materiellen Wohlstandes und des Schulwesens, doch vermag sie es nicht, die Italiener für Österreich einzunehmen.

Der Feldmarschall erbittet am 17. Dezember 1856 seine Enthebung vom Dienst nach 72 Dienst- und

90 Lebensjahren. Der Tod erlöst ihn am 5. Jänner 1858. Nach dem Wunsche Kaiser Franz Josephs soll Radetzky in der Kapuzinergruft bestattet werden, doch hat der Feldherr testamentarisch verfügt, in Wetzdorf auf dem Gute seines Freundes, des ehemaligen Armeelieferanten Parkfrieder, begraben zu werden. Der Kaiser stößt den Willen seines treuen Paladins nicht um. Radetzky fand seine letzte Ruhestätte auf dem „Heldenberg“ bei Kleinwetzdorf, auf dem Boden Österreichs, für das er 72 Jahre seinen Degen geführt hatte.

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