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Gegen Türken und Franzosen

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Den am 2. November 1766 zu Trebnic in Böhmen geborenen Johann Joseph Graf Radetzky von Radetz zog es, wie viele seiner Vorfahren, zum Soldatenstand, doch fand er vor den Augen des Arztes, der den Bewerber für die Wiener Neustädter Militärakademie untersuchte,. keine Gnade und wurde als körperlich gänzlich ungeeignet zurückgewiesen. Nach einem kurzen Zwischenspiel im Collegium Nobi- lium in Brünn beziehungsweise im Theresianum in Wien trat er trotzdem am 1. August 1784 als Kadett in das Kürassierregiment Nr. 2 ein; der Weg zum Offizier führte in jenen Tagen nicht unbedingt über eine Militärakademie. Der Kadett Radetzky geht in seinem Beruf voll und ganz auf und ist stets bemüht, seine militärischen Kenntnisse zu vertiefen. Als 1788 der letzte Türkenkrieg ausbricht, ist Radetzky schon Oberleutnant und Ordonnanzoffizier bei Feldmarschall Lucy und nach dessen Ausscheiden bei Feldmarschall Laudon.

. Die Karriere Radetzkys geht steil aufwärts, als 1792 die Kriege gegen Frankreich ednsetzen,. Er wird 1794 Rittmeister, 1796 Major, aber nicht bei der Kavallerie, sondern im Pio- nierkörps. Feldzeugmeister Beaulieu niilmmt ihn als seinen Adjutanten, und mit ihm macht er 1796/97 die Belagerung Mantuas durch die Franzosen mit. Eine harte Schule ist es, in die Radetzky gehen muß. Er lernt den Festungskampf mit all seinen Schrecken kennen. Als Mantua schließlich fällt, erhält die Besatzung freien Abzug.

In der nun folgenden Friedenszeit leitet Radetzky die Wiederherstellung und den Bau strategisch wichtiger Straßen bei Padua, doch bei Ausbruch des zweiten Koalitionskrieges 1799 wird er Oberstleutnant uttd Adjutant des Generals Melas in Italien. In der Schlacht bei Novi am 15. August 1799 führt er — dicht im Gelände gedeckt — eine Angriffskolonne direkt in den Rücken des Feindes und trägt damit entscheidend zum Sieg bei. Das Kapitel des Militär-Maria-Theresien-Ordens erkennt ihm für diese Tat das Ritterkreuz zu. Noch 1799 wird er Oberst, 1800 Kommandant eines Kürassierregiments. Bei Antritt seines neuen Kommandos begegnet der knapp 34jährige Oberst dem unverhohlenen Mißtrauen der zum Teil wesentlich älteren Offiziere, doch erringt er sich durch die Art seines Vorgehens in der Schlacht bei Hohenlinden, am 2. und 3. Dezember 1800, als er sich höchstpersönlich in den Kampf wirft und einen feindlichen Offizier mit einer Pistole kampfunfähig schlägt, bald die Achtung aller Regimentsangehörigen. Nach dem Friedens- schlUß von Luneville geht Radetzky mit seinem Regiment in seinen Standort Ödenburg zurück.

Ein dornenvolles Arbeitsfeld

Bei Ausbruch des Krieges 1805 zum Generalmajor und Brigadier befördert, kämpft er auf dem italienischen Kriegsschauplatz. 1809 steht Radetzkys Brigade vorerst beim V. Korps der Hauptarmee in Bayern. Nach der verlorenen Schlacht bei Regensburg hat Radetzky die Nachhut der Armeegruppe Hiller zu dek- ken, eine Aufgabe, die sich unter dem harten Druck der französischen Verfolgung immer schwieriger gestaltet. Bei Wels rettet Radetzky durch sein geschicktes Zupacken die österreichische Division Schustekh, die bereits abgeschnitten worden war. Das Kommandeurkreuz des Theresienordens ist der Lohn für diese Tat. Nach Wels erfolgt die Beförderung zum Feldmarschalleut- nant; es sollte für 20 lange Jahre die letzte Beförderung sein. In der Schlacht bei Wagram kommandiert Radetzky eine Truppendivision. Als nach der Niederlage bei Wagram Erzherzog Karl sein Kommando zurücklegt, wird auch der Posten des Chefs des Generalquartiermedster- stabes frei. Man war auf den erprobten Truppenführer Radetzky schon längst aufmerksam geworden, und so ernennt ihn Kaiser Franz am 20. August zum Chef des General- quartiermeisterstabes. Ganz reibungslos war dies nicht gegangen, denn in einem vertraulichen Bericht der Polizeihofstelle an: Kaiser Franz stand geschrieben, daß Radetzky Schulden habe und ein „frivoler Mensch“ sei. Kaiser Franz läßt ihm jedoch sagen, er wolle darüber hinwegsehen, wenn er nur „tnit Absicht keine Dummheiten“ machen wolle, die gewöhnlichen sei er schon gewohnt.

Radetzlky findet ein dornenvolles Arbeitsfeld vor. Er widmet sich hauptsächlich der Schulung des Heeres, fördert dementsprechend die militärische Landesbeschreibung und läßt die Erfahrungen der vergangenen Feldzüge systematisch auswer- ten. Für größere Reorganisationen ist infolge des verlorenen Krieges vorerst kaum Geld vorhanden.

Generalstabschef bei Schwarzenberg

1812 muß für den Rußiandfeldzug Napoleons ein österreichisches Hilfskorps unter Schwarzenberg beigestellt werden. Nach dem Scheitern des russischen Feldzuges kommt es zur Aufstellung einer Beobachtungsarmee in Böhmen, die ebenfalls unter Schwarzenbergs Kommando steht. Der Chef des Generalquartiermeisterstabes dieser Armee wird Radetzky, unter dessen zielbewußter Arbeit sie immer schlagkräftiger wird. Den Höhepunkt seiner bisherigen Laufbahn erreicht er, als Feldmarschall Schwarzenberg Oberbefehlshaber über die drei verbündeten Armeen — Preußen, Österreicher und Russen — und er damit auch Generalstabschef dieser Armeen wird. Dieses Amt stellt an Radetzky die schwersten Anforderungen, und es bedarf seines ganzen Verhandlungsgeschickes, die auseinanderstrebenden Interessen der Verbündeten zu koordinieren. Der von Radetzky ausgearbeitete Feldzugsplan wird in den Grundzügen angenommen (Tracheniberger Kriegsplan). Der Erfolg in der Leipziger „Völkerschlacht“ gibt ihm recht (16. bis 19. Oktober 1813). Die Verbündeten folgen den Franzosen bis an den Rhein, dann erreichen die Operationen ihren Stillstand. Radetzky drängt aber, den Rhein zu überschreiten und den Krieg nach Frankreich hineinzutragen. Die Armeen der Verbündeten sollen konzentrisch vorgehen, die Nachschublinien des Gegners abschnüren. Die Armee, welche auf Napoleon selbst stoße, müsse einem Schlage auswei- chen, die anderen aber um so rascher vorgehen. Es komme alles darauf an, „den Hauptschlag mit Sicherheit zu führen“. Beim Kaiser macht er sich mit seinem steten Drängen äußerst unbeliebt, so daß ihm dieser sogar droht, wenn er nichts „Gescheiteres“ als seinen Operationsplan im Kopf habe, müsse er ihn auf dem Spielberg einsperren oder um einen Kopf kürzer machen lassen. Doch Radetzky gibt nicht nach, vor allem, als sich herausstellt, daß der Kaiser diesen Operationsplan noch gar nicht angesehen hat, und setzt schließlich seine Ansichten durch. Der Feldzug endet erfolgreich mit der Einnahme von Paris im März 1814. f"

Nach dem steilen Aufstieg folgt für lange Zeit ein Stillstand. 1816 verliert Radetzky nach schweren Auseinandersetzungen seinen Posten und wird Divisionär in Ödenburg. Zu den schweren Belastungen kommt nun auch eine von Tag zu Tag größer werdende Verschuldung, die zum Teil auch auf das Konto seiner Gattin geht. Zwei Jahre später kommt er als Dvisionär und Adlatus des Landeskommandanten von Ungarn, Erzherzog Ferdinand, nach Ofen, wo er bis 1829 bleibt. 1829 befördert man ihn zum General der Kavallerie und versetzt ihn als Festungskommandanten nach Olmütz, ein durchaus ehrenvolles, wenn auch ziemlich bedeutungsloses Kommando, das aber immerhin einige finanzielle Vorteile hat, da er das Vorfeld der Festung verpachten darf.

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