Jeder verstand etwas anderes darunter ...

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Vor 150 Jahren, am 13. März 1848, brach in Wien jene Revolution aus, die als die "bürgerliche" ins allgemeine Geschichtsbewußtsein eingegangen ist. Tatsächlich forderten Bürger und Studenten mehr Mitsprache, ebenso aber erhoben sich erstmals die Arbeiter, und auch der Gedanke der nationalen Einheit spielte bei den komplexen Ereignissen von 1848 eine nicht unerhebliche Rolle.

So ist es auch kein Wunder, daß in den letzten Wochen vor dem magischen Datum vor allem Sozialdemokraten und Freiheitliche mittels Veranstaltungen das geistige Erbe des Schicksalsjahres 1848 quasi für sich zu reklamieren trachteten. Die Tatsache, daß sich heute die unterschiedlichsten weltanschaulichen Gruppierungen auf 1848 berufen, spiegelt aber nur die Heterogenität der damaligen Ereignisse selbst wider: "Zu unterschiedlich waren die Interessen der beteiligten Gruppierungen, und es ist unmöglich, von einer gemeinsamen Motivation aller âRevolutionäre' zu sprechen. Bürgerliche Liberale, radikale Demokraten und eine Vorhut der Arbeiterschaft kämpften zwar für die Freiheit, doch jeder verstand etwas anderes darunter", heißt es etwa in einem Veranstaltungsfolder der "Politischen Akademie".

Die beiden Furche-Beiträge zum Jahrestag der Revolution nähern sich dem Thema in völlig verschiedener Weise: Der bekannte Verfassungsexperte Manfried Welan untersucht den mutigen - und an den realen Machtverhältnissen gescheiterten - Entwurf für eine Verfassung, den der in der südmährischen Stadt Kremsier tagende Reichstag konzipierte und vergleicht ihn mit dem heute geltenden Bundesverfassungsgesetz von 1920.

Peter S. Wessenberg zeichnet das Bild seines Ur-Ur-Ur-Urgroßvaters Johann Philipp von Wessenberg, der vom nach Innsbruck geflohenen Kaiser Ferdinand I. mit dem Amt des Ministerpräsidenten beauftragt wurde.

Kurze Chronologie: 13. März: Ausbruch der Revolution; Kaiser Ferdinand hatte zuvor eine Petition von Studenten, die u. a. ein allgemeines Wahlrecht und Pressefreiheit forderten, abgelehnt 14./15. März: Kanzler Metternich flieht nach London, Abschaffung der Zensur 16. Mai: Kaiser Ferdinand flieht nach Innsbruck 22. Juli: Eröffnung des ersten Reichstags in der Wiener Hofreitschule durch Erzherzog Johann 26. Juli: Antrag des schlesischen Abgeordneten Hans Kudlich auf Aufhebung des "Untertänigkeitsverhältnisses" der Bauern; wenige Wochen später wurde dieser Antrag angenommen 2. Dezember: Kaiser Ferdinand dankt zugunsten seines 18jährigen Neffen Franz Joseph ab.

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