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Emil Nolde

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Mit einem „Klassiker” des deutschen Expressionismus trifft man in der großen Emil-Holde-Ausstellung des „Museums des 20. Jahrhunderts” zusammen: Emil Hansen, 1867 geboren, gestorben 1956, der sich seit 1900 nach seinem Geburtsort Nolde bei Tondem nannte, ging von einer subjektiven Malerei aus, die ihre Wurzeln bei Kubin („Vor Sonnenaufgang”), Ensor Hölzel und Munch und letzten Endes bei Gauguin hat. In den wenigen Bildern die eine unmittelbare Ausein andersetzung mit der Natur zeigen — „Frühling im Zimmer”, „Masken und Georginen”, „Blumen und Wajangflguren” — offenbart sich eine reiche aber ungeordnete farbige Sensibilität, der es an Komposition und Form mangelt. Diese Mängel werden in den von literarischen und religiösen Themen sowie von Naturerlebnissen bestimmten Bildern zugunsten einer elementaren Farbigkeit verstärkt, die in der Form des Figuralen, „inneren Gesichten” gehorchend, willkürlich bis in das Karikative verzerrt. Noldes „religiöse” Bilder gehorchen einer privaten Mythologie, die ihre Ursprünge in Feuerbach, David Friedrich Strauss und Renan besitzt, formal ist im „Leben Jesu” der Einfluß nordisch primitiver Frühgotik faßbar. Die gleichen Dämonen, die ihn zur Bewunderung primitiver Kunst und Religion zwangen, führten ihn frühzeitig zur Verehrung jener Machthaber, die ihn später als „entartet” stempelten und ihm 1941 ihr infames Malverbot auferlegten. Noldes Malerei, unter einem ungeheuerlichen inneren Druck entstanden, in den Ölbildern oft von einer krassen technischen Primitivität und verquält, in den Aquarellen von einem sensuellen Glanz der Farben, einem inneren Leuchten und einer romantisch gestaltlosen Stimmung, die an Turner erinnert, ist barbarische Reaktion auf die Zivilisation des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Sie ist antiklassische Malerei, gerichtet gegen die Tradition des Mittelmeeres und der Städte, echte Wurzel des Derangements unserer Zeit. Der Kritiker, der den Abstand der „Woge” von Courbet zu jener von Nolde ermißt, kann nur erschüttert vor dem Verlust stehen, der damit ausgedrückt wird und sein Mitgefühl jenem zuwenden, der dort stammelt, wo einer sang. Die” Ausstellung ist bis zum 15. Februar 1966 geöffnet.

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