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Artūro Toscanini f

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„Ich habe oft gehört, daß die Leute von der ,Eroica‘ des Dirigenten X reden, vom .Siegfried' de Dirigenten Y oder von der ,Aida‘ des Dirigenten Z. Ich habe mich immer gefragt, was Beethoven, Wagner oder Verdi über die Aufführungen dieser Herren gesagt hätten, die den Werken eine neue Vaterschaft verleihen. Ich glaube, daß ein Interpret, der sich mit der ,Eroica‘, mit .Siegfried' oder mit ,Aida‘ beschäftigt und den Geist des Komponisten tief erfassen will, nur die Absicht haben sollte, die ,Eroica‘ von Beethoven, den .Siegfried' von Wagner und die ,Aida‘ von Verdi wiederzugeben.“

Dieser Kunstgesinnung, die aus den zitierten Sätzen spricht, war Artūro Toscanini, der 1867 in Busseto bei Parma geboren wurde und fast neunzigjährig in New York starb, sein Leben lang treu ge blieben. Der Sohn eines armen Schneiders debütierte als Orchestermusiker in Sao Paolo, stand in Rio für den streikenden Dirigenten zum erstenmal am Pult und begann an der Scala eine glänzende Laufbahn, die ihn in alle Musikzentren der Welt führte. Sein Musizieren war durch messerscharfe Genauigkeit und das Fehlen jeder entstellenden „persönlichen“ Eigenart ausgezeichnet. Von den Künstlern, die unter seiner Leitung spielten und langen, wurde er verehrt und wegen seiner Temperamentausbrüche gefürchtet. Aber man nahm auch das gern in Kauf, darin sein „aufgeklärter'Despotismus" war die Selbstzweck, sondern diente der Verwirklichung überpersönlicher, künstlerischer Ziele. Kompromißlos und unerbittlich war Toscanini auch als Mensch. Nachdem er durch einen Konflikt mit dem Faschismus aus seiner Heimat vertrieben worden war, kehrte er nach 1933 Bayreuth und 1938 auch den Salzburger Festspielen, die ihm so viel verdankten, den Rücken. Das Wort Puschkins „Genie und Schurkerei vertragen sich nicht", hat er in unserer Zeit auf beispielhafte Weise vorgelebt. Durch seinen Tod verlor die Musikwelt einen ihrer Größten, die Menschheit ein bereits zu Lebzeiten von der Legende umwobenes Original und einen aufrechten Mann.

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