Der Fall Marcus O.: Politische Verantwortung

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Eigentlich ist es ein unwürdiges Spiel, das immer dann auf der politischen und medialen Bühne zum besten gegeben wird, wenn etwas schiefgelaufen ist. Ehe noch irgend jemand mit Bestimmtheit sagen kann, was passiert ist, ertönen die ersten Rücktrittsaufforderungen seitens all derer, denen jeder Anlaß recht ist, dem Ressortzuständigen etwas ans Zeug zu flicken.

Wie das Amen im Gebet folgt darauf das "Mauern" der Gesinnungsgenossen, das der Koalitionspartner zumindest durch (zustimmendes) Schweigen verstärkt. Währenddessen verspricht der Betroffene schonungslose Aufklärung (nicht ohne sich schützend vor zumindest fast alle seine Mitarbeiter zu stellen), und wenn das Problem gravierend ist, bietet er auch gleich seinen Rücktritt an, der natürlich nicht angenommen wird.

Zuweilen kommt es bei der Abwehr der Demission zu unheiligen Allianzen mit Kräften, für die das Problem einfach kein Problem darstellt. Ein paar prominente Adabeis fungieren auch noch als Opinion Leader - meist rasch unterstützt durch kleine bunte Blätter und einschlägige Meinungsforschungsresultate: der Österreicher schickt seine Politiker nicht gleich in die Wüste (und sei es, weil er befürchtet, es käme nichts Besseres nach ...)

Auf diese Art und Weise wird aus dem Schwarzen Peter ein Puzzle gemacht - in der Hoffnung, daß keiner mehr sich die Mühe nimmt, die Teile wieder zusammenzusetzen. Die politische Verantwortung übernehmen dann zu geteilten Handen die Politik, die Verwaltung, einzelne Parteien und ein undefinierbarer Anteil an Bürgern. Zwar gibt es dann noch eine Sondersitzung des Parlaments und eine Kommission oder einen Untersuchungsausschuß - aber bis da Ergebnisse vorliegen, ist der auslösende Fall mehr oder weniger vergessen. Der Fall, bei dem es nicht darauf ankommt, ob Klebebänder üblich oder die Ausnahme sind, ob der Minister das wußte oder wissen mußte, ob er demissioniert oder nicht.

Die Demission von Marcus O. erfolgte leise und qualvoll, und ein Stück weit müssen wir alle mit der Verantwortung leben, daß wir es zulassen, daß Menschen mit so viel Angst (die auch aggressiv machen kann) gegen ihrenWillen aus unserem Land hinausverfrachtet werden. Wie ein Stück Vieh, nein, doch nicht: Tiertransporte sind klarer geregelt ...

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