Wo der Friede gesät wird

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Die Dreikönigsaktion unterstützt zahlreiche Projekte in Kolumbien. Unter anderem eine Schule, in der Gewaltlosigkeit gelehrt wird.

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Die Dreikönigsaktion unterstützt zahlreiche Projekte in Kolumbien. Unter anderem eine Schule, in der Gewaltlosigkeit gelehrt wird.

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Hoffnung säen. Das ist die Mission von CEPALC. So beschreibt der Schuldirektor Carlos Silva das, was an Samstagen an seiner Schule passiert. CEPALC steht für Centro Popular para América Latina de Comunicación, also Lateinamerikanisches Volkszentrum für Kommunikation. Das ist eine Organisation, die seit vielen Jahren von der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar unterstützt wird.

Zwischen 40 und 50 Kinder und Jugendliche kommen samstags in der Escuela Indoamericana, einer Schule in einem armen Bezirk der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá, zusammen. Vorschulkinder tummeln sich da genauso wie Burschen und Mädchen, die mit 16 schon die Matura in der Tasche haben und sich bereits auf die Universität vorbereiten.

"Wir wollen erreichen, dass in diesen kleinen Gruppen von Kindern die Hoffnung auf Frieden keimen kann", sagt Carlos Silva, "auf einen Frieden, der im Alltag gelebt wird". Die Kinder erleben täglich gewaltbereite Fußball-Hooligans, Guerilleros, die sich in den Randbezirken unter die Zuwanderer mischen, rechte Paramilitärs, die durch Terror Kontrolle ausüben. Sie erleben häusliche, oft auch sexuelle Gewalt. Sie sind Opfer und manche von ihnen auch Täter. Bei CEPALC lernen sie, dass sich dieses Muster nicht ständig wiederholen muss.

Sie erfahren, dass sie Rechte haben, die sie gegenüber den Behörden, aber auch gegenüber den eigenen Eltern durchsetzen können. Und sie erarbeiten im Gespräch mit Félix Posada, dem Direktor von CEPALC, welche die Ursachen für politische Gewalt sind, die hier seit Jahrhunderten allgegenwärtig ist. Posada, der aus der Tradition der Befreiungstheologie kommt, hat klare Botschaften: "Gemeinsam mit den Kindern haben wir analysiert, dass die Gesellschaft ungerecht ist. Sie haben gelernt, dass sich die Bodenschätze in der Hand von ausländischen Konzernen befinden und die Banken in wenigen Händen konzentriert sind. Gleichzeitig gibt es viele Menschen, die keine Arbeit finden und ihre Grundbedürfnisse nicht befriedigen können". Die Kinder sehen dann bald in ihrem eigenen Umfeld, was das bedeutet. Und sie ziehen daraus den Schluss, so Posada, "dass eine Gesellschaft, in der es wenige Reiche und viele Arme gibt, verändert werden muss".

Neue Helden: Gandhi, Romero

Aber während die Guerilla diese soziale Ungerechtigkeit mit der Waffe in der Hand zu bekämpfen versucht, zeigt Félix Posada den Kindern und Jugendlichen andere Wege auf. Mit seiner Körperfülle und seinem weißen Bart hat er nicht die Erscheinung eines politischen Eiferers. Vielmehr wirkt er wie ein gemütlicher Onkel, dem man Glauben schenken kann.

Seine Helden sind Mahatma Gandhi, Martin Luther King, El Salvadors Erzbischof Óscar Arnulfo Romero, oder der indianische Rebell Quintín Lame, der seine Leute vor bald hundert Jahren zum passiven Widerstand gegen das kolumbianische Gewaltregime aufrief.

Der 14-jährige Hugo Araña aus dem Bezirk San Cristóbal hat in seiner Schule dazu beigetragen, dass Konflikte nicht mehr mit den Fäusten ausgetragen werden. Anfangs sei er für seine friedfertige Art als Schlappschwanz beschimpft worden. Aber inzwischen wird er respektiert.

Die 12-jährige Katherin González aus dem Bezirk Bochica besucht die Workshops schon seit vielen Jahren. Sie korrigiert immer wieder ihren Lehrer, wenn es um Geschichte und ihre Deutung geht: "Manchmal wird er ein bisschen böse, weil er sich nicht gern korrigieren lässt. Aber er gibt zu, dass er unrecht hat. Und ich erzähle ihm dann alles, was ich hier gelernt habe".

Es gibt aber nicht nur Geschichtsunterricht und politische Bildung. Vielmehr ist die meiste Zeit der künstlerischen Fortbildung und Entfaltung gewidmet. Die Kinder lernen, Musikinstrumente aus Abfall zu basteln. Sie singen im Chor, spielen Gitarre oder Schlagzeug und malen. Für Naidú González, die die größeren Kinder in Zeichnen und Malen unterrichtet, sind Kinder, die künstlerische Erziehung erfahren, kritischer als andere: "Sie können ausdrücken, wenn ihnen etwas nicht passt. Das tun sie auch über Theater oder Musik". Sie verstehen auch, dass Friede mehr bedeutet, als das Schweigen der Waffen. Solche Menschen wird Kolumbien brauchen, wenn es darum geht, eine Gesellschaft aufzubauen, die Konflikte gewaltfrei auszutragen versteht.

"Während die Guerilla die soziale Ungerechtigkeit in Kolumbien mit der Waffe in der Hand zu bekämpfen versucht, zeigt Félix Posada den Kindern und Jugendlichen andere Wege auf."

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