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Der Kampf gegen Korruption ist nicht abstrakt, denn er schafft das Kapital dorthin zurück, wo es am meisten abgeht.

Mit Anfang Juli gehört die Anonymität von Sparbüchern in Österreich endgültig der Vergangenheit an. Bis dahin sollten den Banken die Eigentümer der 25 Millionen Sparbücher im Land bekannt sein. Derzeit hinkt die Legitimierung allerdings der Vorgabe noch gewaltig hinterher. Kaum die Hälfte der Sparbuchbesitzer war bis Mitte Juni bekannt. Ab 1. Juli muss man jedoch für Transaktionen bei Sparbüchern mit einer Einlage von 15.000 Euro und mehr nicht nur einen amtlichen Lichtbilderausweis herzeigen, sondern es wird auch die Geldwäschebehörde Edok eingeschaltet, die das beabsichtige Geschäft überprüft.

In der Schweiz ist man noch nicht soweit. Das Bankgeheimnis der Eidgenossen gerät bei den Verhandlungen mit der Europäischen Union aber zusehends unter schweren Beschuss. Vor allem den großen Mitgliedsländern der EU ist es ein Dorn im Auge, dass ihre Bürger in der Schweiz Vermögen vor den heimischen Steuerbehörden verstecken können. Die Union verlangt daher von der Schweiz Konzessionen, die das Bankgeheimnis praktisch aushöhlen. Trotz des erbitterten Widerstands rechnet der St. Galler Bankenspezialist Beat Bernet aber nicht damit, dass sich das Schweizer Bankgeheimnis in der Frage der Steuerhinterziehung halten lässt: "Es gehe nun noch hauptsächlich darum, dass Bankgeheimnis möglichst teuer zu verkaufen."

Das Grundproblem der Steuerhinterziehung löse ein Schweizer Zugeständnis an die Europäischen Union aber nicht, beklagt Bruno Gurtner im Namen der Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Hilfswerke. Seine Forderung lautet deswegen, die Schweiz solle im Falle einer Einigung mit der EU auch allen anderen Ländern, insbesondere den Entwicklungsländern die gleichen Konzessionen gewähren. Gurtner: "Es widerspräche der entwicklungspolitischen Kohärenz, wenn die Schweiz auf EU-Fluchtgelder Steuern erheben und teilweise zurückerstatten würde, Fluchtgelder aus den Entwicklungsländern aber unbehelligt blieben." Noch dazu, wo der Geldfluss aus den Entwicklungsländern in die Schweiz nicht unbeträchtlich ist. Ende 2001 weist die Statistik der Treuhandanlagen der Schweizerischen Nationalbank einen Bestand von 320 Milliarden Franken aus. Fast ein Drittel davon stammt aus der EU, ein Viertel aus karibischen Offshore-Zentren (Zwischenlager). Ein weiteres Drittel kommt aus den verschiedenen Entwicklungsländern, meist aus jenen, so Bruno Gurtner, "deren Korruptionsgrad nicht gerade am tiefsten ist".

"Korruption ist keine Einbahnstraße"

Eine Sichtweise, der sich David Ugolor vorbehaltlos anschließt. Neben der Schweiz zählt er als Beispiele für Länder mit striktem Bankgeheimnis noch Luxemburg, Liechtenstein. die Cayman-Inseln, Antigua, die Bahamas, Bermuda, Panama, Gibraltar und die Cook Inseln auf. In den Banken dieser, aber nicht nur dieser Länder liegt die "gestohlene Beute", sagt Ugolor, die korrupte afrikanische Politiker gemeinsam mit ihren Kollaborateuren aus aller Welt angehäuft haben. Ugolor muss es wissen. Er stammt aus Nigeria, einem Land, in dem es noch vor kurzem hieß: "Das Monster Korruption ist nicht mehr kontrollierbar!" Bereichern will und kann sich fast jeder, der die Möglichkeit dazu hat. Die Spannbreite reicht vom Polizisten, der an der Landstraße eine Straßensperre errichtet, um Autofahrern ein paar Dollar abzuknöpfen, bis zum ehemaligen - inzwischen gestorbenen - Diktator General Sani Abacha. Dieser hat binnen kurzem seinen Landsleuten einige Milliarden Dollar gestohlen. Korruption ist kein "one-way-traffic", stellt Ugolor klar. Korruption findet nicht nur in einer Richtung statt, sondern es braucht jemanden von anderswo, der mitspielt. Diesselbe weltweite Mithilfe fordert der Afrikaner auch bei der Bekämpfung der Korruption, bei der Eindämmung und Rückführung des illegalen Geldflusses.

Das ist auch der Grund, weshalb sich der Ugolor dieser Tage in Österreich aufhält. In der Wiener UNO-City findet gerade die zweite Verhandlungsrunde der Vereinten Nationen über eine "Konvention gegen transnationale Korruption" statt. Sieben Verhandlungsrunden hat man insgesamt zu diesem Thema angesetzt. Ende nächsten Jahres soll das Ergebnis von den Regierungschefs - wahrscheinlich in Mexiko - abgesegnet werden. "Die Konvention ist dann rechtsverbindlich", erklärt Alexander Wojda, Attaché bei der Vertretung Österreichs bei den Wiener UNO-Organisationen. Das unterscheidet diesen Text auch von Resolutionen der UNO-Generalversammlung, die mehr oder weniger auf den guten Willen der einzelnen Länder angwiesen sind.Die in der Konvention festgesetzten Mindeststandards an Antikorruptionsmaßnahmen müssen nämlich in den nationalen Gesetzgebungen umgesetzt werden. Neben der Bekämpfung und strafrechtlichen Verfolgung von Korruption, so Wojda, stehen für Österreich aber vor allem präventive Maßnahmen und Schritte zur Verhinderung von Korruption im Vordergrund. Ausreichende Bezahlung der Beamten, nennt der Diplomat hierfür als ein Kriterium, Bewusstseinsbildung und Schulung über die in vielen Ländern allgegenwärtige Korruptionskrake lautet ein weiteres Ziel.

Über den Fortschritt der Verhandlungen, bei denen Österreich mit Botschafter Thomas Stelzer den Vizevorsitz führt, will Wojda noch nichts sagen. Es sei noch zu früh, hier ein Urteil zu fällen. Momentan werde jedenfalls gerade um den strittigen Punkt der Rückführung illegaler Vermögenswerte verhandelt. Vor allem für Entwicklungsländer ein entscheidender Punkt, denn die Konvention könnte damit zu einem völkerrechtlichen Instrument werden, um die von korrupten Landsleuten und Politikern geraubten Gelder wieder zurückzubekommen.

In diese Kerbe schlägt auch David Ugolor: "Der Kampf gegen Korruption ist nicht abstrakt, er bringt Kapital dorthin zurück, wo es am meisten abgeht." Korruption zerstört nicht nur jede Demokratie, ist Ugolor überzeugt, Korruption tötet auch konkret Menschen, denen damit das zum Überleben Notwendige genommen wird. Bei den UNO-Verhandlungen in Wien betreibt Ugolor Lobbying für "African Network for Environmental and Economic Justice" (ANEEJ), einer Nichtregierungsorganisation, die einen von den Vereinten Nationen beaufsichtigten "Trust-Fonds" zu installieren versucht. Die zurückgeführten Gelder sollten, laut Meinung von ANEEJ, nämlich nicht mehr den jeweiligen Regierungen, sondern - unter der Obhut der Vereinten Nationen - ausschließlich NGOs anvertraut werden. Nur so, meint Ugolor, könne man garantieren, dass die Gelder wirklich an ihr Ziel, zu den Menschen, die es brauchen, kommen.

Ein positiver Präzedenzfall ist für Ugolor die Rückführung der von den Nazis gestohlenen jüdischen Vermögenswerte. Ein ähnlich effizientes Vorgehen wünscht sich der ANEEJ-Präsident auch bei gestohlenen und nach Europa transferierten Vermögenswerten aus Afrika. Damit sich nicht das "entsetzliche Drama" der Rückführung des von Nigerias Diktator Abache außer Landes geschafften Geldes wiederholt. Von insgesamt vier Milliarden Dollar erhielt Nigeria eine Milliarde retour, 100 Millionen gingen an Abaches Familie und über zwei Milliarden blieben bei der Bank der Zentralbanken, der Bank for International Settlements in Basel. "Wer gibt dennen das Recht dazu, das Geld zu behalten", fragt Ugolor und gibt sich die Antwort gleich selbst: "Niemand!"

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