Allegorie als Welterklärung

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Was haben Bukephalos, der Hengst Alexanders des Großen, ein nordamerikanischer Truthahn und der Kalydonische Eber aus der griechischen Sage miteinander und zur Zeit gerade in Salzburg zu tun?

Die tierische Trias hat mit der "Sprache der Bilder" zu tun. Sie illustriert unter vielem das Thema "Allegorie", so der Titel der großen Ausstellung des DomQuartiers Salzburg in der Residenzgalerie und in den Prunkräumen der Residenz.

Die großen Entdeckungen

Allegorie, ein kaum präzis zu umschreibender Begriff, zieht sich durch alle Kunstepochen als "Darstellung von zum Teil gedanklichen Inhalten"; sie dient, wenn man so will, der Welterklärung.

Das 17. und 18. Jahrhundert hat sich in seinen europäischen Traditionen vieler Anregungen aus der griechischen und römischen Mythologie bedient. Diese "Sprache der Bilder" ist in unserer Lebenswelt heute freilich nur mehr zu einem sehr geringen Teil allgemein verständlich. So versteht sich die Allegorie-Präsentation in der Residenzgalerie und in den Prunkräumen als ein Versuch, diese Form der Welterklärung ein wenig verständlicher zu machen. 90 Meisterwerke von 50 Künstlern sind dafür zu sehen.

Die Schau beginnt bei den frühen Vorlagen, etwa des Nürnberger Arztes Joachim Camerarius (1534-1598), der in einem Büchlein 400 Embleme aus dem Bereich der Naturkunde zusammengetragen und kommentiert hat: Pflanzen, Säugetiere, Vögel, Insekten, Fische und Reptilien. Da die Entdeckung unbekannter Erdteile auch Kenntnis von fremden Pflanzen und Tieren nach Europa gebracht hat, hat Doktor Camerarius auch einen nordamerikanischen Truthahn in seine Sammlung aufgenommen: "Zornentbrannt braust er auf", steht über diesem als Medaillon gestalteteten Blatt aus der Kupferstichsammlung der Universitätsbibliothek Salzburg. Reiseberichte waren also eine nicht unbedeutende Quelle für neue allegorische Darstellungen der Erde.

"Dieses allegorische Denken", schreibt Erika Oehring, die Idee und Konzept der Ausstellung entwickelte, "zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche der abendländischen Kultur". Es gehe darum, "das kulturelle Wissen, das für das Verständnis der Werke notwendig ist, lebendig zu halten."

Die Zeit des Barock lässt sich grob mit Macht -Propaganda - Krieg skizzieren. So gelangte auch in dieser Epoche der Kampf in die Kunst. Die Spannung liegt zwischen der martialischen "Krönung des Siegers" von Friedrich von Amerling (1803-1887) und der "Allegorie des Krieges" von Peter Paul Rubens (1577-1640), die Trauer und Verzweiflung ins Bild zwingt.

Bis in die jüngere Vergangenheit

In weiteren Räumen geht es um die Darstellung der "Vier Elemente", von "Tag und Nacht","Die vier Jahreszeiten" (mit Porzellanfigürchen illustriert), um "Tugenden", den Kampf um Gut und Böse als Ausstattungsprogramm von Kirchen und Palästen. Mit den "Todsünden" des niederländischen Malers Hendrik Goltzius, konterkariert von Arbeiten Alfred Kubins (1877-1959), dokumentiert man das Weiterwirken der Allegorie bis in die jüngere Vergangenheit. Ferner beschäftigt sich die Schau mit "Künsten und Wissenschaften", den "Fünf Sinnen" mit Darstellungen vor allem der flämischen und holländischen Malerei, etwa Trinkgelagen oder Abendunterhaltungen.

Kunst kann sich auch der Politik nicht entziehen. Das zeigen die Prunkräume mit den großen Deckenfresken in der Residenz im Salzburger DomQuartier.

Das Vanitas-Problem

Kunst kann sich auch der Politik nicht entziehen, das zeigen die Prunkräume der Residenz mit den großen Deckenfresken. Im Carabinierisaal begegnet man der "Kalydonischen Eberjagd" von Johann Michael Rottmayr (1654-1640), bei der zwei Sterbliche das Tier töten, das die Jagdgöttin Diana als Rache für ein nicht vollzogenes Opfer zum Verderb Kalydoniens geschickt hat. Rottmayrs "Zähmung des Bukephalos", das dritte genannte Tier, ziert den Rittersaal.

Dass alles Nichts ist, das Vanitas-Problem, zeigt das als Titelbild für die Ausstellung verwendete Bild: Amor mit Strohhalm und Seifenblase (1634) aus der Hand Rembrandts (1606-1699) aus der Sammlung Liechtenstein.

Allegorie. Die Sprache der Bilder bis 6. Nov., DomQuartier Salzburg Mittwoch-Montag 10-17 Uhr www.domquartier.at

Barock

Die "Vier Jahreszeiten" - im Bild unten der Frühling - wurden nach den barocken Bronze-Vorbildern Girolamo Ticciatis von der Manufaktur Doccia auch als Porzellane ausgeführt. Oben: Rembrandts "Amor" mit Seifenblase (li.) und "Allegorie auf den Krieg"(re.) von Rubens.

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