O.T. - © Rainer Messerklinger

Peter Roseis „Das Märchen vom Glück“

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Brigitte Schwens-Harrant über „Das Märchen vom Glück“ von Peter Rosei.

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Brigitte Schwens-Harrant über „Das Märchen vom Glück“ von Peter Rosei.

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Nach viel Glück klingt zunächst nicht, was Peter Rosei in seinem Buch „Das Märchen vom Glück“ erzählt. Da findet der ungarische Migrant András in der Altenpflegerin Lena, die aus einem steirischen Dorf kommt, vielleicht die Frau seines Lebens, doch sie wird krank und stirbt. Und das Kind, das sie bekommen hätte, war auch nicht von ihm – das sagt sie ihm noch rechtzeitig. Später trifft András auf Eva Bartuska, die aus der Brünner Plattenbauvorstadt nach Wien gekommen ist, aber ein Autounfall beendet sein Leben und damit die Möglichkeit, dass aus der Begegnung etwas hätte werden können. Was für ein Glück also? Und wo ist das Märchen?

Märchen erzählen vom Wünschen, vom Sehnen, das nie aufhört, solange man Mensch ist. Doch ihr Thema ist nicht irgendeine Traumwelt, sondern die beinharte Realität. Märchen erzählen von hungernden Kindern, die ausgesetzt werden, sie erzählen von himmelschreiender Ungerechtigkeit und von Arm und Reich, sie erzählen von der Suche und Sehnsucht nach einem anderen Leben in eben dieser oft so brutalen Realität. So begleitet auch Rosei Frauen und Männer in seiner Prosa, skizziert sie typenhaft wie im Märchen. Die Erzähl­perspektive wechselt ständig vom Außen ins Innen, und von einer Figur zur anderen. So wird kein individueller Entwicklungsweg gezeigt, sondern mehrere Wege und Möglichkeiten. Es geht um Sex und Gewalt, Ansehen und Beruf, Treue und Träume, Herkunft und Statussymbole – und immer wieder landet man bei Fragen der Ökonomie. Mit ihr ist alles verflochten.

„Kapitalismus, das meint ein ständiges Wetten auf ein besseres, ein schöneres Morgen. Gegenwart ist bloß Aus- und Durchgangslage für stets neue Unternehmungen und sogenannten Fortschritt, pekuniärer Erfolg das wichtigste, oft einzige Kriterium“, schrieb Rosei in einem Essay („Ich bin kein Felsen, ich bin ein Fluss“, Sonderzahl 2020). Das Glück aber widersetzt sich dieser kapitalistischen Theorie der Machbarkeit. Es taucht – unbenannt – gerade dann plötzlich auf, wo es einem schlichtweg einfach beikommt.

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