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Junge Künstler zwischen den Stilen

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Junge ungarische Künstler, die an der Wiener „Akademie der bildenden Künste“ ihre Ausbildung fortsetzen, stellen in den Räumen der Ungarischen Studentenschaft (Gumpendorfer Straße Nr. 63 E) neue Arbeiten aus. Die Einladung spricht von einer „Geste der Dankbarkeit“ und davon, daß es den jungen Bildnern ein Bedürfnis sei, der freien Welt zu beweisen, daß sie auch in der Emigration für die „höchsten Menschheitsideale“ einstehen wollen.

Nun wird aber der Besucher nicht, wie er vielleicht erwartet haben mochte, mit Entsetzensbildern aus der Revolutionszeit überfallen. Es scheint vielmehr bei den jungen Ungarn die stille Uebereinkunft zu bestehen, die Vergangenheit nicht zu berühren. — Nur Eva Nagy („Die Gefesselten“), Lajos Csizmadia („4. November“) und Kälmän Koväcs („Memento“) geben in knappen Stimmungsbildern zu verstehen, aus welcher Düsternis sie kommen.

Vielleicht darf man dieses Verschweigen nicht allein dem Stolz zuschreiben, der Demütigung zwar erträgt, aber nicht wehleidig einbekennen will. Die jungen Ungarn stehen alle in einem Anpassungsprozeß an hier geübte Bildstile (zu allen Möglichkeiten neigend und-alle noch nicht gültig erfüllend) und versuchen in einem rückbezüglichen Protest gegen sozialrealistische Kunstmanifeste auch vom realistischen Sujet loszukommen, obwohl, wie ihre Ausstellung beweist, das „Sujet“ ihre Stärke ist. Immer dann, wenn ein Inhalt vermittelt, eine Situation gezeigt, ein Verhalten kommentiert werden kann, werden ihre Arbeiten unmittelbar, im Schwung der Linien und in der Kraft der Farben sogar persönlich. Hierher gehören besonders die Porträts von Csizmadia, auch seine Tuschblätter („Volkstanz“), die „Frauen am Brunnen“ von Agnes Kies, etwas von den Kreidezeichnungen der Eva Nagy („Karussell“). Langweiliger sofort wirken die auf „Symbol“ und „hintergründig“ stilisierten Tafeln (etwa „Allein“ von Agnes Kies oder die zahlreichen Variationen des Themas „Verlorener Sohn“). Völlig deplaciert sind die akademischen Studien. Sie sollten besser zurück in die Skizzenbücher verbannt werden. Einige Landschaften geraten in die Nähe des Ramsches für Gartenhäuschen. — Ausflüge in die Abstraktion und in den Manierismus („Kieselsteine“ von Barna Sartory) enden ebenso dilettantisch. — Humor ist bei keinem der jungen Ungarn zu 'finden. Schüchtern-bissig regt er sich vielleicht in dem Blatt „Schallplattenmusik“ von Antal Vizy. Die Satire schlägt um sich, grell und geistlos („Und jeder schreit“ von Csizmadia).

Wie wir erfahren, soll die Auswahl trotz ihrer Vorläufigkeit nach Wien auch im Ausland gezeigt werden. Das ist sicher propagandistisch günstig, doch, wie uns scheinen will, ein etwas vorschneller Hunger nach Publizität. Zumindest müßte das Material in strengster Auslese reduziert werden.

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