Von Kamelen und Nadelöhren

Werbung
Werbung
Werbung

Für den Politiker ist der Journalist/die Journalistin jenes Nadelöhr der Information, das zum täglichen Umgang gehört", hält Erhard Busek in seinem Beitrag lapidar fest. Gerhard Steininger, langgedienter Redakteur der "Salzburger Nachrichten", greift diesen Satz am Schluß seines Textes auf und repliziert: "Falls ich Erhard Busek falsch verstanden habe, stehe ich nicht an, meine Deutung mit dem Ausdruck des Bedauerns zurückzunehmen - aber mir kommt vor, daß in seiner These die Klage anklingt, daß die Schuld am Nichtdurchkommen beim Nadelöhr liegt und nicht beim Kamel."

Damit ist das Spannungsfeld, innerhalb dessen sich die Beiträge des vorliegenden, von Ex-Vizekanzler Busek und seinem früheren Pressesprecher Clemens Hüffel herausgegebenen Bandes bewegen, schon recht deutlich markiert. Die zwei Zitate zeigen überdies, daß das, was sich Busek zurecht sehnlichst als Folge dieses Buches wünscht, nämlich eine möglichst breite öffentliche Debatte des Themas, schon in diesem Buch selbst vorgezeichnet ist.

Gerhard Steininger wird sich den "Ausdruck des Bedauerns" nicht abringen müssen - er dürfte Busek schon richtig verstanden haben: Buseks Beitrag gerät zur Medienschelte, mehr noch: zu einer fundamentalen Kritik an den gesellschaftlich-politischen Zuständen, auch an der geistig-intellektuellen Kraftlosigkeit dieses Landes am Beispiel Medien.

Busek trägt diese Kritik mit jenem bei ihm wohlbekannten zynisch-resignativen Unterton vor, die es seinen Kritikern leicht macht zu sagen, hier wolle ein in der Politik Gescheiterter "bloß abrechnen". Die Herausgeber betonen eigens, daß sie genau dies nicht wollten - doch daß in den Beiträgen der beiden und in jenem des einstigen Busek-Mitarbeiters Christian Scheucher die eigenen, naturgemäß oft auch schmerzlichen Erfahrungen verarbeitet wurden, liegt auf der Hand. Freilich: wie sollte es auch anders sein?

Steininger ist Medien- und damit Kulturoptimist - und das tut gut, vor allem als Korrektiv gegenüber einer weitverbreiteten Medienkritik, die um einiges larmoyanter, dafür aber um etliches weniger differenziert und fundiert als bei Busek selbst daherkommt.

Dennoch sollten wir, wie Hubert Feichtlbauer in der "Presse" meinte, "zugeben, daß Busek recht hat". Wieso? Deswegen: Telegenität sei nur ein anderes Wort für Charisma, meint Steininger. Einverstanden - aber das sagt nicht nur etwas über Telegenität, sondern eben auch über den Bedeutungswandel von "Charisma" aus. Ein Kamel, wer meint diesen Wandel einfach ignorieren zu können, gewiß - doch damit ist noch lange nicht gesagt, daß Medien nicht doch ein wenig weiter als Nadelöhre sein sollten.

Aus den insgesamt 14 Beiträgen des Buches noch ein Spezialtip - auch aus aktuellem Anlaß: Helmut Brandstätters - nein, auch hier nicht: Abrechnung - Annäherung an seinen früheren Dienstgeber ORF sollte allen 35 ORF-Kuratoren, Generalintendanten-Kandidaten und vor allem Medienverantwortlichen in den (Regierungs-)Parteien als Pflichtlektüre verordnet werden. Spätestens bei diesem Beitrag weiß man, daß man den Titel des Buches auch umdrehen kann: So klar ist nicht immer, wer wen am Gängelband hält.

POLITIK AM GÄNGELBAND DER MEDIEN Hg. Erhard Busek, Clemens HüffelVerlag Jugend & Volk, Wien 1998204 Seiten, öS 298,

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung