Busek_Navigator - © Foto: Georges Schneider/HT

Erhard Busek: Ungeduld, Kraft, Form

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Freunde hat sich Erhard Busek mit seiner Art, unverblümt Wahrheiten auszusprechen, wenige gemacht – und so wurde er der Letzte einer Reihe von VP-Obmännern, die einem lange Zeit schicksalhaft anmutenden Parteiritual zum Opfer fielen. Was den rastlosen homo politicus Erhard Busek über das Tagesgeschäft hinaus umtreibt, sein Gespür für die tektonischen Verschiebungen in der geistigen Landschaft, hat seit den 60er Jahren auch immer wieder markanten Niederschlag in dieser Zeitung gefunden. Annäherungen an Erhard Busek von Boris Marte.

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Freunde hat sich Erhard Busek mit seiner Art, unverblümt Wahrheiten auszusprechen, wenige gemacht – und so wurde er der Letzte einer Reihe von VP-Obmännern, die einem lange Zeit schicksalhaft anmutenden Parteiritual zum Opfer fielen. Was den rastlosen homo politicus Erhard Busek über das Tagesgeschäft hinaus umtreibt, sein Gespür für die tektonischen Verschiebungen in der geistigen Landschaft, hat seit den 60er Jahren auch immer wieder markanten Niederschlag in dieser Zeitung gefunden. Annäherungen an Erhard Busek von Boris Marte.

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Über Erhard Busek ist viel geschrieben und gesagt worden. Die Gefahr ist groß, redundant zu werden und die Klischees zu verstärken. Was also tun? Was ist an ihm, das man noch entdecken könnte? Ich will den persönlichen Weg gehen. Als langjähriger Mitarbeiter und Mitdenker war und ist er mir Schule - und das in vielerlei Hinsicht. Fangen wir aber mit einem Bild an, das ich mir von Robert Fleck geliehen habe, der in einem Katalogtext über den Bildhauer Werner Feiersinger folgendes geschrieben hat:

"Die bildhauerischen Arbeiten von Werner Feiersinger zählen zu jenen seltenen Fällen bei jüngeren Künstlern, bei denen man in nichts den Eindruck hat, es würde nach einer Form gesucht. Vielmehr ist diese Form stets überaus sicher ergriffen' und auch ebenso eingesetzt. Mehr noch aber spürt man bei diesem Umgang mit der Form eine Ungeduld, die dem Werk erst seine Kraft gibt. Diese Ungeduld gilt dem Einsatz einer im Künstler bereits angesammelten Energie, der die Form, in der sie sich jeweils ausdrückt, gewissermaßen zu eng' zu sein scheint, obgleich sie in der Form nicht danebengriff'. Es ist, als ob es noch ein Mehr' an Energie gäbe, das konstitutiver Weise nicht auszudrücken ist."

Das ist für mich Erhard Busek. Ungeduld, Kraft, Form... Noch nie sind mir in einem Text so viele Begriffe und Worte begegnet, die in dieser Kombination so auf Erhard Busek zutreffen: Ihm ist es bald "zu eng". Seine Aktivitäten sind seit jeher davon gekennzeichnet aus diesem "zu eng sein" ausbrechen zu wollen.

"Plastisches Vermögen"

Dabei werden jene Kräfte sichtbar, die die Politik des Erhard Busek ausmachen. Man begegnet bei ihm einem unmittelbaren "plastischen Vermögen", das überaus sicher mit Formen umgeht und dadurch beeindruckt, dass seine Sprache und sein Tun einer Ungeduld im Ausdruckswillen unterliegt. Aus einer amorphen geopolitischen europäischen Situation wird in seiner sprachlichen Begleitung ein sichtbarer Kulturraum, aus Alt-Österreichischem eine liebenswerte Lebensphilosophie, aus müde gewordener Religion eine Kampfansage, aus Politik eine der spannendsten Aufgaben, welche die Zeit zu bieten hat. Und weil er diese Talente hat, wird er immer ein "Mehr" an Energie ausstrahlen, als er "konstitutiver Weise" tatsächlich umsetzen kann.

Erhard Busek zu begegnen ist daher immer etwas Besonderes. Er packt die Zeit in Sätze, die sie verstehbar machen. Er öffnet das Gespräch, er macht dem Gespräch zugänglich, was dem Gespräch von vornherein nicht unmittelbar zugänglich ist, er "versprachlicht". Er kann die "Welt erklären", er kann sie aber auch auseinander nehmen. Wenn etwas immer schon zwischen den Menschen wichtig war und heute wichtiger ist denn je, dann ist es die konstitutive Funktion des Gesprächs, die uns miteinander verbindet. Diese Rolle zu erkennen und zu pflegen und darauf Wert zu legen, das Demokratische, aber auch Anarchische darin zu entdecken, die Menschen herauszufordern, sie dadurch ernst zu nehmen, ist Buseks großes Talent. Und das macht ihn zu einem der spannendsten und liebenswertesten Menschen, die man in unseren Breitengraden findet.

Der Autor war langjähriger Mitarbeiter von Erhard Busek und ist für Kultursponsoring der Erste Bank zuständig.

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