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Erhard Buseks Plane

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Bis zum 15. Oktober, dem Tag, da die Delegierten der Wiener ÖVP ihren neuen Landesparteiobmann und Spitzenkandidaten für die Gemeinderatswahl (spätestens) im Oktober 1978 küren, darf Erhard Busek sich zum engen Kreis jener Persönlichkeiten rechnen, die auf Schritt und Tritt mit guten und gutgemeinten Ratschlägen versorgt werden. Ist er dann einmal Landesparteiobmann — wie die Dinge in der Wiener VP-Organisation laufen, darf er mit einem Zuspruch von mehr als 80 Prozent der Delegierten rechnen —, wird er sich erst recht nicht vor sicheren Tips, wie man in Wien gegen die SPÖ politisches Glück schafft, erwehren können.

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Bis zum 15. Oktober, dem Tag, da die Delegierten der Wiener ÖVP ihren neuen Landesparteiobmann und Spitzenkandidaten für die Gemeinderatswahl (spätestens) im Oktober 1978 küren, darf Erhard Busek sich zum engen Kreis jener Persönlichkeiten rechnen, die auf Schritt und Tritt mit guten und gutgemeinten Ratschlägen versorgt werden. Ist er dann einmal Landesparteiobmann — wie die Dinge in der Wiener VP-Organisation laufen, darf er mit einem Zuspruch von mehr als 80 Prozent der Delegierten rechnen —, wird er sich erst recht nicht vor sicheren Tips, wie man in Wien gegen die SPÖ politisches Glück schafft, erwehren können.

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Doch Erhard Busek dürfte sich seine Strategie für die nächsten zwei Jahre zurechtgezimmert haben. Sie läuft im wesentlichen darauf hinaus, die Spitze der SPÖ kontrolliert zu umarmen, und zwar solange, bis gar niemand mehr weiß, warum man denn nicht gleich die Volkspartei wählen sollte, wo sie doch nichts macht, was den Interessen Wiens zuwiderläuft. Diese äußerst komplizierte Strategie soll dem Vorwurf der Wiener Rathaus-Sozialisten begegnen, daß die Volkspartei kerne ..Wien-Partei“ sei. Dieser Vorwurf resultiert aus der Mentalität der Wiener Wähler, oppositionelle Kritik grundsätzlich als ..Wien-Feindlichkeit“ abzutun.

Letztlich verdankt auch Erhard Busek seine „Wien-Karriere“ diesem Umstand: Eine Reichsbrücke brach zusammen, der dafür politisch Verantwortliche, Bürgermeister Leopold Gratz, stieg im Ansehen der Öffentlichkeit, wurde plötzlich selbst in seiner Partei ernstgenommen; der Obmann der Wiener ÖVP, Franz Josef Bauer, wurde ebenso wie der ursprünglich vorgesehene VP-Spitzen-kandidat für die nächste Gemeinderatswahl, Fritz Hahn, mehr oder weniger ungnädig abgedankt.

Die erste Konfrontation zwischen Leopold Gratz und Erhard Busek ließ ahnen, wie Busek sein Glück in Wien zu machen trachtet: Keine persönliche Kritik an Leopold Gratz, sparsam mit scharfen Vorwürfen, ausgiebige Wien-Bekenntnisse („liebenswertes Wien“), Aktionen, die aus dem Interesse wichtiger Gruppen geboren, eine Ahnung von der Problemlösungskapazität der Wiener Volkspartei vermitteln soll. Für die erste Aktion „B“ wie „Brückenhilfe“ werben in der Tagespresse Annoncen, deren Text den parteipolitischen Bezug eher unterdrückt als hochspielt. Bislang war dieser Aktion vor allem ein werblicher Erfolg gegönnt, vitales Interesse der Betroffenen blieb freilich aus.

Dieser Aktion sollen „Testi-monial“-Inserate für die Wiener ÖVP folgen. Prominente aus Kunst, Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft sollen erklären, warum sie die Wiener Volkspartei wählenswert (und „liebenswert“) finden. So unterschiedliche Persönlichkeiten wie Walther Reyer, Eberhard Wächter, Hans Braun, Michael Higatsberger, Herbert Berger, Fritz Molden, Sonja Sutter, Günther Winkler, Oskar Czerwenka sollen sich in den Dienst der atmosphärischen Werbung für die Wiener Volkspartei stellen. Nach dem Ober-Werber wird noch gefahndet. Möglicherweise wird er Maxi Böhm heißen.

Diese Aktion soll den Wienern vor allem das Gefühl vermitteln, daß es gar keine Schande ist, sich in Wien für die Volkspartei zu exponieren. Denn daran scheiterte die Wiener ÖVP bei den letzten Wahlen viel eher als in ihrer Politik, an ihrer Kritik oder an ihren politischen Spitzen. Sie lief gegen eine Mauer der Ablehnung und des Desinteresses an, was in jedem Fall mit dem Hinweis, es mangle der Wiener Volkspartei nun einmal an Durchschlagskraft, Attraktivität und Vorzüglichkeit, begründet oder entschuldigt wurde.

Derlei Aktionen können freilich nur die Hintergrundmusik für einen gründlichen umbau der Wiener VP-Organisation sein. Buseks Sekretär in der Wiener Landesparteileitung wird Peter Mahringer, vordem Orga-nisationsreferent in der Bundesparteileitung, zudem Insider des Wiener Kulturbetriebs. Er soll die organisatorische Arbeit in der Landesparteileitung überwachen und Busek, der weiterhin VP-Kultursprecher bleiben wird, in einschlägigen Angelegenheiten beraten. Landesparteisekretär soll vorerst Anton Fürst bleiben. Der Wahlkampf soll freilich außer Haus vom VP-Hauptgeschäftsführer Kurt Bergmann organisiert und geleitet werden. Der gelernte Journalist Fürst soll in erster Linie als Transmissionsriemen zwischen der Landesparteileitung und den Wiener Bezirksparteileitungen und Mitgliedern seine Fähigkeiten unter Beweis stellen. In diesem Punkt gab es bislang zahlreiche Kommunifcationsschwie-rigkeiten.

Die Riege der kontrollierenden VP-Stadträte (Günther Goller, Walter Lehner, Wilhelm Neusser und

B wie Brücke: ÖVP Wien appelliert an die Autofahrer nun auch Erhard Busek) soll bis auf weiteres nicht geändert werden. Der Plan, Walter Lehner die Leitung des Landesparteisekretariats zu übertragen, gilt nur als aufgeschoben, keineswegs als aufgehoben. Denn Erhard Busek will, wie es heißt, einen prominenten Wissenschafter (Günther Winkler?) in den Wiener Stadtsenat bugsieren. Fritz Hahn, durchaus ein Busek-Mann, bleibt Dritter Präsident des Landtags und Obmann der VP-Fraktion im Wiener Rathaus. Angesichts eines hohen Be-kanntheitsgrades in Wien und seiner unbestrittenen kommunalpolitischen Erfahrungen soll er im Landtagswahlkampf 1978 neben Erhard Busek besonders herausgestellt werden.

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