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Zeitgenosse

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Der Bundesrat: das ist die ziemlich ungeliebte Zweite Kammer des österreichischen Nationalrats — jene Tribüne, auf der sich aber politische Karrieren abzeichnen.

Seit kurzem hat der Bundesrat einen „Benjamin“: den Wiener Anton Fürst, Jahrgang 1940, Landesparteisekretär der ÖVP und Top-Karrierist im Schwarzen Polit-Mana-gement.

Das Programm des neuen Mannes?

„Was wir brauchen, ist die Stimme Wiens im föderalistischen Konzert der Bundesländer.“

Aber ist das nicht selbstverständlich?

„Nein, denn der Bund tut heute weniger für Wien als vor 1970. Wahrscheinlich deshalb, weil die SPÖ eben Hausherr in Wien spielt, und glaubt, sichs leisten zu können, für Wien einen Nachrang zu setzen.“

Nun, der Oppositionspolitiker ist unverkennbar. Anton Fürst geniert sich nicht, das auch ganz deutlich herauszustreichen. Man müsse endlich, so seine politische Philosophie,

erkennen, daß die Wiener ÖVP in Wirklichkeit die Partei der Wiener ist; und: „Wir sind in der Großstadt darauf aus, klarzumachen, daß wir die besseren Ideen, die besseren Konzepte und die besseren Leute haben.“

Das ist auch — in Watte verpackt — an die Adresse der Bundesparteileitung der ÖVP gerichtet. Denn tatsächlich haben dort und in allen Gremien der Volkspartei immer wieder die Vertreter westlicher und südlicher Bundesländer dominiert. Kommt von daher auch die Vulgärmeinung des „kleinen Mannes“, daß die ÖVP eben eine Partei der Bauern, der Landmenschen sei?

Auf dem letzten Parteitag hat die Volkspartei mit Josef Taus und Erhard Busek zwei gebürtige und „gewachsene“ Wiener an die Parteispitze gestellt.

Für Fürst, der die nächsten Landtagswahlen in Wien (1978) und die nächste Nationalratswahl (1979) organisieren muß, ist das eine Chance. Was er aber kurzfristig anstrebt, ist die Veränderung im äußeren Erscheinungsbild der Volkspartei, die nicht länger den Geruch des „Kuhstalles“ an sich haben soll. Da schon eher Benzin- und Großstadtstaub ...

Fürst kommt aus dem Journalismus; und meint, daß er gerade des-

halb ein scharfes Auge für Meinungsbildungsprozesse in der Öffentlichkeit besitze. Zuerst in der Wiener Redaktion der „Salzburger-Nachrichten“ tätig, wechselte er ins ÖVP-

„Volksblatt“, wo er bis 1968 Ressortleiter war. Von dort wechselte er ganz in die Partei und wurde Pressereferent der Wiener ÖVP, die ihn 1974 zum Landesparteisekretär bestellte.

Mit Landesparteiobmann Franz Bauer, der früher Ressortchef in der „Wiener-Zeitung“ war, verbindet Fürst nicht nur die gleiche Berufslaufbahn. Denn Bauer schwört auf den politischen Instinkt und Fleiß seines Landesparteisekretärs; Fürst wiederum kann sich keinen anderen Landesparteiobmann vorstellen, mit dem er ebenso zusammenarbeiten könnte. Gemeinsam wollen sie in Wien eine „Tendenzwende“ erzwingen: weil sich das Wohl oder Wehe der ganzen Volkspartei in Wien entscheiden wird. Gelingt es der Partei nicht, den leichten Aufwärtstrend (der sich bei den Wahlen am 5. Oktober zeigte) zu verstärken, dann ist die Volkspartei wahrscheinlich in ganz Österreich chancenlos.

Fürst meint, durch Einsatz und viele neue Aktionen in der Bundeshauptstadt einen neuen Wind zu erzeugen. Dafür will er eine gute Nase haben: „Mein Hobby ist ja das Segeln — und da weiß man auch, wie man die kleinste Brise ausnützt.“

Im Segeln hat Bartträger Fürst schon unzählige Preise gemacht — er

war sogar Sieger einer 24-Stunden-Regatta auf dem Neusiedlersee.

Jetzt will er selbst einen Pokal stiften: wenn die Volkspartei die nächsten Landtagswahlen in Wien erfolgreich beenden kann. H. M.

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