6742952-1966_49_04.jpg
Digital In Arbeit

„Parteitag der Zuversicht“

Werbung
Werbung
Werbung

Ohne Dįssonanzen und, wie es scheint, auch ohne grelle Töne, konnte der Landesparteitag der SPÖ des Burgenlandes in Eisenstadt über die politische Bühne gehen. Die Wiener Gäste beneideten die burgenländische Parteiführung, daß es ihr kurz nach der Niederlage vom 6. März dieses Jahres gelungen ist, die Parteiorganisation wieder flottzumachen und den Unzufriedenen auf Bezirks- und Lokalebene den Wind aus den Segeln zu nehmen. Das Parteiorgan wußte von einem „Parteitag der Zuversicht“ zu berichten. In der Tat, wenn man an die Krisensituation der gesamtösterreichischen SPÖ denkt, möchte man fast von einem „kleinen Wunder“ angesichts der Tatsache sprechen, daß sich die burgenländische SPÖ so schieil von der Niederlage erholt hat.

Es gab am Parteitag keine Kritik, keine Unzufriedenheit und keine Vorwürfe, und was für die Partei noch wichtiger ist, keine langen Gesichter und keine bangen Fragen. Kritikern ist die Parteiführung durch die Umbesetzung der Regierungsfraktion zuvorgekommen. Die Chance zu einer kraftvollen Erneuerung und zur Liquidierung der Mißtrauenshypothek in den eigenen Reihen wurde rechtzeitig ergriffen. Der Parteitag trug Optimismus und Zuversicht zur Schau. Dabei ist es den Managern des Parteitages gelungen, die prekären und peinlichen Fragen der gesamtösterreichischen SPÖ von den Parteidiskussionen fernzuhalten. Die burgenländische SPÖ-Führung soll nicht den Ehrgeiz haben, eine revolutionäre Rolle bei der Reform der gesamtösterreichischen SPÖ zu spielen.

Blickrichtung Wahlkampf

Was sie im Augenblick anstrebt, ist Ruhe und Konzentration aller Kräfte auf den nächsten Landtagswahlkampf. So verständlich eine solche Taktik ist, so gefährlich kann sie eines Tages für die burgenländische SPÖ werden. Unterbleibt bis zur nächsten Landtagswahl eine Reform der Wiener Zentrale der SPÖ, so kann sich dies bei der landespolitischen Entscheidung nachteilig auswirken. Daher ist es sehr fraglich, ob es klug ist, daß die burgenländische SPÖ angesichts der Krise der Wiener Zentrale sich in der Frage der Reform der Partei mehr oder weniger neutral verhält, um keine Scherereien und keinen Ärger zu haben. Aber eben dies stellt man in der Eisenstädter Permayerstraße in Abrede. Hier argumentiert man, daß die Landespartei eindeutig auf der Reformlinie steht und den Reformideen in der Landes-

organisation breiten Raum gibt. Tatsächlich hat in der burgenländischen Landeshaupstadt das Auftreten von DDr. Günther Nenning bei Diskus- sionsveranstaltungen der SPÖ großes Aufsehen erregt. Die Parteiführung hat es dem sozialistischen Außenseiter gestattet, offen zu reden und seine Reformideen zum besten zu geben. Auch Dr. Gmoser aus Graz ließ man in der letzten Zeit bei Vortragsreihen zu Worte kommen.

Im Vordergrund des Parteigeschehens standen Landeshauptmann Theodor Kery, dem stürmische Ovationen bereitet wurden, und Altlandeshauptmann Landesparteiobmann Hans Bögl, der wieder zum Parteiobmann gewählt wurde. Allerdings hat er in Landeshauptmann Kery einen Kronprinzen erhalten. Kery wurde Landesparteiobmannstellvertreter. Bögl hat im Juni dieses Jahres im Landhaus die Plätze für die Jungen freigemacht, so daß beim Parteitag kein Anlaß gegeben war, ihn zu attackieren oder zu stürzen. Sein Verzicht auf den Stuhl des Landeshauptmannes hat ihm beim Fußvolk der Partei neue

Sympathie und neues Ansehen eingebracht. Eher im Hintergrund der ganzen Parteitagsregie stand Landesrat Dr. Sinowatz, Landesparteisekretär mit Pouvoir und Einfluß auf das Parteileben. Er hat beim Revirement im Mai dieses Jahres aus politischer Vernunft und im Interesse der Partei Kery den Vortritt gelassen. Beide arbeiten gut züsam- men und sind in ihrem Denken vorwärtsdrängend und zugleich auch gemäßigt. Von Kery weiß man eigentlich erst, seitdem er den Stuhl des Landeshauptmannes innehat, daß er ein außerordentlich dynamischer Typ ist. Dr. Sinowatz hat innerhalb und außerhalb der Partei Mühe, zu überzeugen, daß er gemäßigt ist. Die Gegner warten auf den Tag, wo der dynamische Landeshauptmann erschöpft und die gemäßigte Haltung des Landesparteisekretärs in politische Radikalität abgleitet.

Fachexperten der ÖVP, die sich kürzlich mit der Wahlkampfführung für die Landtagswahl 1968 beschäf tigten, sollen zur Einsicht gelangt sein, daß die Wahl für die ÖVP mit landespolitischen Parolen allein nicht zu gewinnen sei. Also muß dies über die Bundespolitik versucht werden. Die Aussichten, auf diese Weise die Landtagswahl zu gewinnen, sind nicht gering, so argumentieren Kenner der landespolitischen Situation. Man verweist dabei auf die letzten Nationalratswahlen. Mit Klaus werden wir das Rennen machen, heißt der interne Wahlslogan der burgenländischen ÖVP. Deswegen stand der Bundeskanzler am Landesparteitag in Mattersburg, der am 20. November 1966 abgehalten wurde, im Vordergrund der Parteitagsmanifestation. Alle anderen Dinge waren mehr oder weniger im Hinblick auf die Landtagswahlen 1966 zweitrangig.

Der Bund hat den Schlüssel

Der Parteitag wählte, wie seit Wochen ausgemacht, Altlandeshauptmann Josef Lentsch zum Landesparteiobmann. Dieser wieder stellte Landeshauptmannstellvertreter Reinhold Polster als den Spitzenkandidaten der ÖVP für die nächsten Landtagswahlen vor. Die Resolution des Parteitages, die hauptsächlich Fragen der Landes-

Monatsschrift für aktives Christentum

Herausgegeben von den PP. Jesuiten der österreichischen Provinz

Aus dem Dezember-Heft 1966:

Die Endzeit / Gerhard Lohfink: Weihnachten ud die Armut / Wilhelm Köster SJ: Werden Gebete erhört? / Etta Gul- lick: Die Fürbitte / Sigrid Boldt: Prestige, Bojen und Bethlehem / Hermine Silberbauer: Das Aggiornamento und die Frauen / Ferdinand Gallenbrunner SJ: Die Kirche unter den Auslandschinesen / Editha Maria Grossmann: Der Frieden in der Welt und der Frieden in uns / Günter Rombold: Kirchenbau heute / Askese des Monats: Menschwerdung und Menschlichkeit / Pastor Johann Christoph Hampe: Eine ökumenische Tat / Walter Künneth — Günter Klein: In evangelischer Sicht ! Franz Eigelsreiter: Albert Schweitzer — Arzt eines kranken Jahrhunderts / Bücherschau / Betrachtungen / Bildbeilage

Politik aufgriff, stand im Schatten der Klaus-Rede und spielte nicht die Hauptrolle. Wie bei keinem anderen Bundesland hat der Bund beim Burgenland den Schlüssel zur Lösung zentraler landespolitischer Existenzfragen in der Hand. Damit soll nicht gesagt werden, daß im Burgenland eine eigenständige und initiative Landespolitik unmöglich ist oder überflüssig wäre. Im Sinn des Föderalismus soll der Bund zwar keine Landespolitik betreiben, sie aber ermöglichen und die Wege dazu ebnen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung