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Marsch im Gleichschritt

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Was mit einem Volksfest begann, soll mit einem Volksfest enden: Am 17. August wurde mit Jahrmarktstimmung in Gols unter dem Weinzelt der Startschuß zum burgenländischer Landtagswahlkampf gegeben, und am 8. Oktober will man den Wahlsieg feiern. Und alle Beteiligten sind auf Sieg eingestellt Die SPÖ — mit derzeit 17 Landtagsmandaten — will ihre absolute Mehrheit verteidigen, die ÖVP — mit derzeit 15 Mandaten — will die absolute Mehrheit erringen und die FPÖ — derzeit ohne Mandat — will mit einem Mandat in den neuen Landtag einziehen.

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Was mit einem Volksfest begann, soll mit einem Volksfest enden: Am 17. August wurde mit Jahrmarktstimmung in Gols unter dem Weinzelt der Startschuß zum burgenländischer Landtagswahlkampf gegeben, und am 8. Oktober will man den Wahlsieg feiern. Und alle Beteiligten sind auf Sieg eingestellt Die SPÖ — mit derzeit 17 Landtagsmandaten — will ihre absolute Mehrheit verteidigen, die ÖVP — mit derzeit 15 Mandaten — will die absolute Mehrheit erringen und die FPÖ — derzeit ohne Mandat — will mit einem Mandat in den neuen Landtag einziehen.

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Der erste Wahlgang nach dem SPÖ-Erfolg bei den Nationalratswahlen am 10. Oktober des Vorjahres sollte zwar bei allen Parteien sine Art Schönheitskonkurrenz werden, allerdings haben sich in der Zwischenzeit schon arge Schönheitsfehler eingestellt.

SPÖ-Spitzenkandidat und Landeshauptmann Kery versucht es, seinem Bundeskanzler gleichzutun: In einem Farbpostwurf wird „der beste Mann“ Kery zu einem Mini-Kreisky ummanipuliert, dem man ehedem den „ersten Mann“ zugedacht hatte. Noch weiß auch Kery nicht, ob man dem Spitzenkandidaten der SPÖ damit einen guten Dienst erwiesen hat. Fraglich auch, ob nicht doch der Wahlkampf mehr sein sollte als eine Earbenf rohe Schönheitskonkurrenz.

Gegen diesen „besten Mann“ fuhr die Volkspartei auch sogleich mit ihren Geschützen auf: Kery sei „fertig“, wurde behauptet, und um seine Gesundheit stehe es nicht gut. Kery wiederum konterte auf diesen Tiefschlag („Furche“ Nr. 36/1972) mit ärztlichen Attesten und verglich sich mit Eddy Merckx.

So gesehen, könnte man sagen, sei der burgenländische Wahlkampf von tragischer Heiterkeit und heiterer Tragik erfüllt. Allerdings mehren sich die „Ausrutscher“, so daß der Wahlkampfstil aller Beteiligten bedenklich zu werden scheint. Mehr als alle Tätsachen und politischen Ideen zählen die Gerüchte: ÖVP-Spitzen-kandidat Soronics beispielsweise zog gegen das Burgenland als „Gastarbeiterreservoir für andere Bundesländer“ zu Feld. Der politische Gegner witterte sofort Wahlkampfmunition und unterstellte ihm, er betrachte die Minderheitenvolksgruppen im Burgenland als den Gastarbeitern gleichwertig — nur wolle er sie im eigenen Land behalten.

Aber auch in anderen Bereichen marschieren die Wahlwerber im Gleichschritt: Begonnen hat diese Diskussion mit der Kandidatur von Unterrichtsminister Sinowatz auf dem zweiten SPÖ-Listenplatz. „Täuschung der Wähler“ oder „Rückzug aus Wien“ sahen ÖVP-Werber dahinter. Und — weil's eben scheinbar im Burgenland nicht anders geht — die SPÖ konterte in der Mundpropaganda mit einem nach Wien zurückkehrenden Soronics ...

Ein wenig anders allerdings liegt die Situation bei Kery selbst: der burgenländische Landeshauptmann wurde bereits des öfteren — auch von seinen Parteifreunden — als Jonas-Nachfolger genannt. Ergo: Die Volkspartei könnte — so vermutet man — das als Argument gegen den Landesvater Kery benützen. Um so eifriger bemühen sich nunmehr angeblich die Sozialisten, den Burgenländern den Wiener Anton Benya als Kandidat für den „Fall des Falles“ einzureden.

Beobachter finden diese gehäuften Entgleisungen der politischen Propaganda nicht erstaunlich: Zu sehr ähneln die politischen Vorstellungen der beiden Parteigiganten einander. Einem SPÖ-„Konzept für ein modernes Burgenland“ stehen ÖVP-„Leit-Mnien“ gegenüber. Das Vokabular, das da und dort verwendet wird, ist absolut nicht neu: Zu deutlich klingen noch Kreiskys „modernes Österreich“ und Maurers „Leitlinien für Niederösterreich“ im Ohr.

Sollte das burgenländische Beispiel Schule machen, so stehen dem Wähler schlechte Zeiten bevor: statt grundsätzliche Ansichten, die ein Unterscheiden möglich machen, in den Vordergrund zu stellen, wird gerade das Gegenteil versucht. Man marschiert im Gleichschritt und stellt nur dem Gegner dann und wann „das Haxl“.

Am Beispiel Burgenland sieht man aber auch die Unsicherheit, die derzeit bei den Parteien herrscht: nicht nur in Eisenstadt, auch in den Parteizentralen in Wien. Hält der SPÖ-Trend an oder gibt es schon eine Trendumkehr? Erst wenn der Wähler diese Frage beantwortet hat, darf er auf einen neuen politischen Stil hoffen.

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