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Test im Herbst

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Der burgenländische SP-Troß ist optimistisch. Die vordergründige Erklärung für die frühzeitige Wahlentscheidung, daß nämlich die ÖVP im Burgenland schon seit dem 1. Mai einen Wahlkampf führe und dieser im Interesse des Landes abgekürzt werden müßte, ist wahrscheinlich nur zweit- oder drittrangiger Beweggrund. Im Stillen hofft ,man im Lager der Landtagsmehrheit, daß erstens im Herbst noch mit dem Genossen „Trend" der vergangenen Jahre zu rechnen ist und zweitens, daß innenpolitische Schwierigkeiten, die vor allem an der Preisfront dem SPÖ-Teamchef Kreisky mit Jahreswechsel ins Haus stehen könnten, noch rechtzeitig — bevor sie dem Wähler bewußt werden — umgangen werden können. Deshalb ist die von der Volkspartei vermutete „Flucht nach vorne" durchaus handfeste Realität.

Allerdings kann man versichert sein, daß die Drahtzieher dieser vorzeitigen Wahlen im jüngsten österreichischen Bundesland nicht nur am Neusiedlersee, sondern auch an der Donau — in Wien — zu finden sind. Denn außer einem burgenländischen SPÖ-Wahlerfolg haben die Sozialisten noch anderes mit ihrem Urnengang im Auge: Bis in den November will die Volkspartei noch an ihrem Schiff im Trockendock herumzimmern. Diese Uberholungs-arbeiten sollen durch den Bundesparteitag abgeschlossen werden. Mit einem neuen Programm, neuen Statuten und was es sonst noch alles neu geben kann — außer der Parteiführung —, will sich die große Oppositionspartei dem Wähler für die Zukunft anbieten. Und diesem „Hausputz" könnten die Sozialisten offensichtlich ebenfalls durch die vorzeitigen Burgenlandwahlen einen Strich durch die Rechnung machen.

Die Taktik der SPÖ Hegt klar auf der Hand. Eine Wahlniederlage der ÖVP im Burgenland hätte sicher zur Folge, daß man am Bundesparteitag der Volkspartei über alles andere als über eine vorhergesehene Tagesordnung sprechen würde; eine neue ÖVP-Personaldebatte wäre das Ergebnis. Was, so könnten die Parteitagsdelegierten fragen, kümmert uns ein Programm, wenn wir auch weiterhin von Wahlniederlage zu Wahlniederlage schlittern?

Auf ÖVP-Seite strahlt man Zuversicht aus. Der Landeschef Soronics hatte noch vor kurzem jedem, der es hören wollte, erzählt, daß der nächste Landeshauptmann in Eisenstadt Soronios heißen werde. Hinter dieser Zuversicht und dem Zweckoptimismus versteckt sich aber durchaus eine Portion Angst und Unbehagen vor den ungewollten Neuwahlen. Soronics, der als einer der ersten von den vorzeitigen Wahlen durch Kery selbst erfahren hatte, sieht sein Heil ebenfalls in einer zweigeteilten Taktik: Erstens geht es um die Landtagssitze im Burgenland und zweitens will er auch ein Urteil über die SPÖ-Bun-despolitik herbeiführen.

Der erst im Februar in die bur-genländische Landesregierung eingezogene Soronics ist aber bereits um eine Hoffnung ärmer: Seine Absicht war es nämlich, die Sozialisten in einem langen Wahlkampf zu zermürben, sich selbst bekannt zu machen und die Unzufriedenheit der Burgenländer mit SPÖ-Landes- und Bundespolitik aufzustacheln.

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