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Parteitag in Wien
„... und Wien, meine lieben Freunde, ist für die. österreichische Volkspartei einer der Schlüssel für künftige Erfolge“, verkündete ÖVP-Obmann Dr. Josef Taus vor den aufgekratzten Delegierten des Wiener ÖVP-Landesparteitages und fügte dann noch hinzu: „Mir ist um die Volkspartei in Wien nicht bange!“ Vor etwas mehr als zwei Monaten hätte Josef Taus solches nicht aus ehrlichem Herzen behaupten können.
Nach dem Parteitag, der letztes Wochenende im Konzerthaus über die Bühne ging, scheint nun endlich wieder die Sonne der Mediengunst, der Gunst der öffentlichen Meinung, über der Wiener ÖVP zu strahlen. Dr. Erhard Busek, Senkrechtstarter in der schwarzen Parteiorganisation und seit einigen Tagen mit einer noch nie dagewesenen Mehrheit (fast 97 Prozent) neugewählter Landes-parteiobmann, ist mm SchlÜ9self igur der oppositionellen Wiener Kommunalpolitik. Wird er es schaffen, einige hunderttausend Wähler der Bundeshauptstadt für ein ansprechendes Kontrastprogramm zu interessieren, oder wird er nach den Gemeinderatswahlen von 1978 wie seine Vorgänger vor der ernüchternden Tatsache stehen, daß rund eine Viertelmillion in den Wienerwald und sonstwohin pilgernde Wähler seine Arbeit in Wien „net amol ignorieren“?
Als Hauptwerkzeug beim Versuch, die Wiener Voikspartei zu einr Er-folgspartei umzumodeln, wird dem neuen Parteiobmann das zugkräftige Instrument der Bürgerbeteiligung dienen. Der Wille, die etwas m die Isolation geratene Wiener ÖVP für neue Bevölkerungskreise zu öffnen, die Wiener einzuladen, selbst gestaltend in die Kommunalpolitik e.n^u-greifen, und in Anbetracht der unflexibel gewordenen Repräsentativ-Demokratie neue plebiszitäre Elemente ins Spiel zu bringen, zieht sich wie ein roter Faden durch Bus?ks Antrittsrede im Gefolge seiner Wahl.
Die Linie der Offenheit und der Sympathie zu Wien („... in der Liebe zu Wien soll uns niemand übertreffen!“)“ offeriert sich zur Zeit als scheinbar einzig gangbare Variante Buseks Team muß zuerst seine Identifikation mit Wien unterstreichen und das Wien-Monopol der SPÖ brechen (.....der Rathausmann ist kein
SPÖ-Mitglied“), dann erst wird es ihr möglich sein, mit Argumenten zu überzeugen. Kenner der Wiener Szene sind sicher, daß die bisherige sachliche Kritik an Bauring, U-Bahn, UNO-City und anderen Skandalen mangels Glaubwürdigkeit der Wiener ÖVP im Nichts verpuffte.
Für die Geschichte der Volkspartei.dürfte es auch fast einmalig sein, in welcher Einmütigkeit die ÖVP-Organi9ationen der Bundesländer nun Solidarität mit Wien demonstrieren. Landeshauptmann Dr. Friedrich Niederl, der als Steirer zumindest bis zum Tod von Parteiobmann Schleinzer alle Vorgänge auf Bundesebene und auf Wiener Boden mit kritischer Distanz beobachtete, sprach diesmal als Bundesländer-Vertreter vor den Parteitagsdelegierten von „der starken inmeren Bindung“ zwischen den Bundesländern und der Wiener ÖVP. In dieselbe Kerbe schlug auch Erhard Busek. der genau weiß, wie sehr die Wiener Organisation den Zusammenhalt mit den Landesorganisationen von Nöten hat: „Wien gehört nicht nur den Wienern, sondern muß für alle Österreicher da sein und seine Hauptstadtfunktion erfüllen. Ich schlage vor, ein Haus der Bundesländer einzurichten — vielleicht könnte es das Deutschmeisterpalads aim Parkring sein —, in dem die Bundesländer ständig präsent sind.“
Busek-Vorgänger Dr. Franz Bauer, der sich einen würdevollen Abgang verschaffte, hatte in den sieben Jahren seiner Wiener Obmannschaft nicht weniger als acht Wahlen zu schlagen. Busek in oberster Verantwortlichkeit als Obmann noch keine. Doch gerade die Unverbrauchtheit ist die große Charge des erst 35jährigen Busek, will er sich als echte Alternative — und das über den nächsten Wahlgang hinaus — erweisen.
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