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Der „routinierte Kapitän"
Aus den dramatischen Ereignissen in Slowenien, die den 29. ÖVP-Bundesparteitag in Wien überschatteten, zogen die Delegierten zwei Konsequenzen: Sie versagten sich Nabelbeschau und wählten Erhard Busek auf die Kommandobrücke.
Aus den dramatischen Ereignissen in Slowenien, die den 29. ÖVP-Bundesparteitag in Wien überschatteten, zogen die Delegierten zwei Konsequenzen: Sie versagten sich Nabelbeschau und wählten Erhard Busek auf die Kommandobrücke.
„Ich kenne die See, das Schiff, die Mannschaft, den Kurs und das Ziel." Erhard Busek hat mit seiner Selbstvorstellung die Stimmungslage der Delegierten getroffen. Auch damit, daß er das Selbst wertgef ühl der Pol it-Profis im Plenum punktgenau getroffen und sie selbst in das gegen ihn vorgebrachte Argument einbezogen hat: „Daß ich lange in der Volkspartei arbeite und gearbeitet habe. Das darf kein Schaden sein!"
Sein Gegenkandidat Bernhard Görg war auch in seiner Präsentation gut, aber - selbstkritisch betrachtet -„offensichtlich nicht überzeugend genug".
Dadurch und durch die engagierteren Pro-Redner(innen) - Helga Rabl-Stadlerund Erwin Pröll punkteten zudem für Busek - fiel das Ergebnis deutlicher als erwartet aus: Von den 580 abgegebenen Stimmen entschieden sich 325 (56,4 Prozent) für Busek, 252 (43,6 Prozent) für Görg.
Der Beifall für den „routinierten Kapitän" (Pröll) übertraf phonmäßig das Wahlergebnis noch deutlich, Buseks Hoffnungen - kein „Neubeginn mit alten Rechnungen" - müssen sich freilich erst im Routinealltag der ÖVP erfüllen.
Es war richtig, diesen ÖVP-Partei-tag angesichts der dramatischen Ereignisse in Slowenien - wie nebensächlich werden tatsächlich interne Rivalitäten vor diesem Hintergrund -abzukürzen, auch wenn dadurch die heilsame Ventilfunktion, die dem Treffen zugefallen wäre, nicht zur Wirkung gekommen ist.
Der Stapellauf der „ÖVP neu", die neuen ÖVP-Spielregeln (siehe dazu auch Kasten links unten), wurden ohne Diskussion mit einer einzigen Änderung gegenüber dem Vorschlag - dem ÖVP-Präsidium gehört damit auch auf Lebzeiten der Ehrenobmann Alois Mock an - angenommen. Daß damit die Konflikte - „Konflikte sind das wesentliche Antriebselement der Geschichte" (Busek) - ausgeräumt wurden, ist vielen über Loyalitätserklärungen hinaus bewußt.
„Das, was sich jetzt rund um die Obmann-Wahl abgespielt hat, müssen wir noch ungezählte Male austragen", sieht ein niederösterreichischer Delegierter, der Busek unabhängig von seiner „bündischen" Zuordnung gewählt hat, ohne Illusionen in die Parteizukunft: „Schon bei der Kandidatenaufstellung für die nächsten Wahlen geht es los. Wenn wir da nicht selbst den Vorrang der Gesamtpartei begreifen, werden uns die Wähler einen dicken Strich durch die innerparteilichen ,Proporzüberlegun-gen' bündischer Kleinkariertheit machen. Aber wie soll sich jemand, der noch mit dem Ergebnis dieser Obmann-Wahl hadert, innerlich je mit dem Ergebnis einer Vorwahl abfinden können, das ihm nicht in den Kram paßt?"
Während drinnen in der Wiener Hofburg noch die Gesinnungsreform beschworen wird, hofft man draußen bereits auf einen atmosphärischen Wandel: denn nach den Delegierten sind die Wähler am - entscheidenden -Wort.
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