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1989 und Europas Weg: Geistige Antworten fehlen

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Erhard Busek über das Jahr 1989 als Zeitenwende.

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Erhard Busek über das Jahr 1989 als Zeitenwende.

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Das Jahr 1989 hat die Situation in Europa dramatisch verändert. Der Zusammenbruch des Kommunismus, der Auseinanderfall der Sowjetunion sowie die politischen Vorgänge in unserer Nachbarschaft haben Europa die Möglichkeit geschaffen, zum Schluß des Jahrhunderts seinen Weg neu zu bestimmen und jene Fehler zu vermeiden, die zu Beginn des Jahrhunderts zu Weltkriegen, Holocaust, Wanderungsbewegungen und Genoziden geführt haben.

Eingebettet ist die Entwicklung in die Globalisierung, die allerdings nur ökonomisch und im Bereich Kommunikation stattfindet. Kulturell ist eher ein gegenläufiger Prozeß zu verzeichnen, der von einer Reihe von Gefährdungen begleitet wird, wie Populismus und Nationalismus, Konflikte verschiedenster Natur, wobei auch die Religionen zur Erzeugung von Konflikten verwendet werden.

Für diese Situation haben wir nahezu kein Instrumentarium. Obwohl sich die Vereinten Nationen entwickelt haben, obwohl Sicherheitsmaßnahmen heute möglich sind (zum Beispiel Bosnien), sind wir weit davon entfernt, eine instrumentale Antwort auf diese Herausforderung zu haben. Wenn etwa die Kriminalität heute global auftritt, ist deren Bekämpfung nicht einmal national geglückt. Die Herausforderung besteht nun darin, diesen Vorgang überhaupt zu begreifen. Die vor allem in Österreich weit verbreitete Sehnsucht, sich in ein Schneckenhaus zurückzuziehen und etwa gefördert durch manche Neutralitätsvorstellung die Dinge an sich vorüberziehen zu lassen, als ob sie einen nichts angingen, wird sich nicht halten lassen.

Die weitere Herausforderung besteht darin, daß es nicht nur wirtschaftlich-technische Prozesse, sondern vor allem geistig-kulturelle sind, die ohne Antworten sind. Wir haben Sehnsucht nach Wohlstand und technische Zivilisation etwa in den Osten Europas exportiert und auf geistige Antworten vergessen. Die zivilisatorische Kolonisation weiter Teile Asiens und Afrikas durch den Westen ist nur ein Lack, der mehr und mehr abbröckelt und uns die Frage stellt, ob wir diese Kulturen überhaupt verstehen beziehungsweise verstehen wollen. Die Herausforderung der Politik in den nächsten 20 Jahren besteht darin, überhaupt diese Herausforderungen zu begreifen und dafür Antworten zu finden.

Der Autor ist Versitzender des Institutes für den üo-nauraum und Mitteleuropa und Vizekanzler.

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