
Aus der Krise in die Krise?
Vor einem Dreivierteljahrhundert wurde die ÖVP gegründet. Welche Haltungen von damals auch anno 2020 wichtig wären. Und warum es heute Demut braucht. Ein Gastkommentar von Erhard Busek.
Vor einem Dreivierteljahrhundert wurde die ÖVP gegründet. Welche Haltungen von damals auch anno 2020 wichtig wären. Und warum es heute Demut braucht. Ein Gastkommentar von Erhard Busek.
Als am 17. April 1945 im Wiener Schottenstift die Österreichische Volkspartei gegründet wurde, gab es eigentlich viel weniger Gerede, in welcher Krise man nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Verlust der Demokratie und Österreichs stecke – sondern man wollte einfach wieder frei leben, das Land gestalten und Voraussetzungen für Frieden und Wohlergehen schaffen. Vielleicht ist der Gedanke heute angebracht, dass die Krise 1945 bei Weitem schrecklicher und elementarer war, als wir es heute feststellen können, ohne die Wirkung einer Pandemie zu verkennen.
Die Väter der Volkspartei, aber auch jene, die demokratische Parteien damals wiedergründeten, waren in ihren Aussagen eigentlich sehr klar und nicht von Wissenschaftserkenntnissen und Meinungsforschungen abhängig – samt Rechenmodellen und Prophezeiungen! Sie wollten schlicht und einfach Österreich wieder schaffen, als Demokratie und unabhängiges Land! Der Umstand, dass das angesichts von gigantischen Zerstörungen, politischen Belastungen und Truppen der vier Alliierten im Land geschah, muss uns noch immer einen tiefen Respekt für jene Frauen und Männer abverlangen, die das unternahmen. Sie hatten keine Quarantäne hinter sich, sondern Front, KZs und unendliche Verluste an Vermögen, Einkommen und gedeihlichen Lebensumständen.
Ich bitte um Entschuldigung, dass ich daran erinnere, aber wenn wir heute von den „Helden“ in Spitälern, Rettungsdiensten, Supermärkten etc. reden, waren das damals die größeren Helden. Man muss dieser Generation von Politikern sowie den übrigen Menschen dieser Generation tiefe Anerkennung aussprechen für die Selbstverständlichkeit, mit der sie sich zusammenfanden, um an den „Wiederaufbau“ zu gehen.
Den Schutt aufräumen
Man nahm die Verfassung der Ersten Republik, trachtete, bald ein Parlament zu wählen und die Menschen zu motivieren, schlicht und einfach den Schutt aufzuräumen – den wirklichen, geistigen und sozialen. Die „Österreichische Volkspartei“ hatte mit einem neuen Parteinamen auch das Problem, manches aus der Vergangenheit der Ersten Republik und des Ständestaates zu überwinden: Trotz der Erinnerung an 1927, 1933/34 und 1938 ging man daran, eine breite politische Basis zu schaffen, die das Land bislang getragen hat – ich weiß nicht, ob man damals auch das Wort „Schulterschluss“ verwendet hat. Aber das war auch keine Diskussion wert, denn man wollte dem Land und seinen Bürgern eine Zukunft erschließen.
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